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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Unfallverletzungen.

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bilden können, eine Frage, die um so wichtiger ist, als sie vonUnfallverletzten gar nicht so selten gestellt wird. Über letztere hatBerger gearbeitet, über die erstere Guder. Es ist zwar in einzelnenFällen ein Znsammenhang konstruiert worden, aber zur Zeit istdie Angelegenheit noch nicht spruchreif, und wird Wohl durch dasTierexperiment entschieden werden müssen. Sehr schwer kauudie Entscheidung werden, ob es sich bei einer Verletzung um einesolche handelt, welche noch während des Lebens oder erst nach demTode beigebracht wurde. Nach Schulz gilt als untrügliches Zeichensür die im Leben acauirierten Verletzungendie Aspiration vonBlut aus der Luftröhre in das Lungengewebe, sowie die durch denBlutstrom bewirkte Verschleppung von Lnft, Fetttropfen undcharakteristischen Gewebszellen und verletzten Organen in andereKörperteile, besonders in die Lungen." Die Frage, ob bei einemErhängten ein Selbstmord vorliegt, oder ob ein vorher auf andereWeise Gemordeter nur zum Schein noch aufgehängt wurde, wirddadurch entschieden, daß flüssiges Blut, abnormer, durch Stauunghervorgerufener Blutreichtum der Lungen, kleine Blutaustritte aufder Oberflüche der Bauchorgaue und an anderen Stellen für denErstickungstod sprechen. Handelt es sich darum, zu entscheiden, objemand ertruuken ist, oder ob seine Leiche ins Wasser geworfenwurde, so muß sich im ersteren Falle die Ertränkungsflüssigkeit inder Luftröhre, sowie in der Lunge, im Magen und Darm vorfindeillassen. Trotz eingehendster Untersuchungen kann es vorkommen,daß die Unterscheidung, ob Mord oder Selbstmord vorliegt, nichtgetroffen werden kann; gerade in solchen Fällen muß der Gerichts-arzt seine ganze Wissenschaft aufbieten und außerdem auch nochgelernt haben, aufs schärfste zu beobachten, denn es hängt dieEntscheidung oft an nebensächlichen Dingen, die dem nicht auf-merksamen Auge entgehen.

Was den Gerichtsarzt sehr häufig zu Untersuchungen ver-anlaßt, das ist der Umstand, daß an ihn die Frage gestellt wird,ob ein neugeborenes Kind unmittelbar nach der Geburt gelebt hatoder ob es tot zur Welt gekommen ist. Bei Kindestötuugen liegtdie Ausrede nahe, daß das Kind schon tot geboren wurde, es mußalso Untersuchungsmethoden geben, um das Leben des Kindeo

Müller, Organ. Naturw, 38