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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Der Aufschwung der Naturwissenschaften.

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solchen fehlte eS aus jener Berliner Zusammenkunft'nicht. Hum-boldt selbst hat sich besonders um das Erscheinen von Gaus; bemühtund neben Goethe den Astronomen Olbers , den Anthropologen undPhysiologen Blumenbach und den Anatomen Sömmerring in seinerRede besonders genannt. Aber seit der Mitte der zwanziger Jahrekamen anch Jüngere. Zuerst Johauues Müller, der große Bahn-brecher der Physiologie, der von seiner natnrphilosophischen Jugendher diephilosophische Behandlung" und die Bedeutung derer-weiternden und zum Allgemeinen strebenden Phantasie" für dieNaturertenntnis anzuerkennen uie aufgehört hat. Durch seiue Theorieder Sinnesempsiudung schien die Kantsche Lehre vom Raum so-zusageu, experimentell bestätigt, durch seine Arbeit über die Myxinoidenlegte er den Grund zu eiuer wisseuschastlicheu Morphologie derWirbeltiere und gab damit seinerseits der Naturforschung die fürdas neunzehnte Jahrhundert charakteristische Richtung, vom Werdenaus das Sem zu begreifeu, also genetisch zu Verfahren, worausebenso auch Schwanns Theorie der Tierzelle hinwies.

Für die ganze Naturanschauung aber wnrde am bedeutsamstendas Gesetz von der Erhaltung der Energie, das zuerst anfangs dervierziger Jahre ein einfacher schwäbischer Arzt, Robert Mayer , aus-gestellt hat, iudem er den Umsatz von Bewegung in Wärme undvon Wärme iu Bewegung erkannte und das mechanische Äquivalentder Wärme zu bestimmen snchte.

Es setzte sich übrigens nicht sofort durch, und so mnßten derEngländer Joule, der Däne Colding und der Deutsche Helmholtzes uoch eiumal entdecken: so wenig Zusammenhang war damalsNoch in der gelehrten Welt und so wenig Interesse in den weitenKreisen der Gebildeten für solche großen Entdecknngen. Deswegensollten aber Berliner Gelehrte wie Treitschke den großen Schwabennicht noch immer geflissentlich ignorieren oder gar ausdrücklichverkleinern und ihn mit seinen verständnislvsen Landslenten von1850 nnd 60 selbst verständnislos einen Halbnarren schelten. Ausdem von Mayer gefnndenen Gesetz ruht heute nicht nur die Physik,sondern unser ganzes Natnrerkennen, obgleich es nur eine Hypotheseist und volle Geltung nur für das System der Systeme, für dasUniversum beanspruchen könnte: dieses aber ist uns iu der Er-