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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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1848 bis 1871: Die Begründung des deutschen Reiches,

warten können. Nnr darum ist ihm der Absolutismus mit seiuerkonzentrierten Kraft zuvorgekommen. Das sind Thatsachen, diewir anerkennen, nach denen wir unsere Begriffe berichtigen müssen.Eins uach dem audern! und da ist, wie es scheint, die Einheit,wenigstens die Grundlegung zu derselbe:?, das eine, die Freiheiterst das andere. Du wirst sagen, es sei der Fluch des Strebensnach dein einen ohne das andere, daß auch die Einheit nur halberreicht worden. Aber aus der andereu Seite ist es ein unschätz-barer Vorteil dieses Gangs der Dinge, daß der Standpnukt desBundesstaats bereits überschritten, die Dinge bereits halbwegs zumEinheitsstaat angekommen sind. Und wenn du es au sich nichteinsehen kauust, daß, was geschehen, zu Deutschlauds Wohl ge-schehe!? ist, so blick nur ins Ausland. Die Franzosen berste?? vorNeid nnd Besorgnis, und die Engländer haben Respekt."

Die letzten Äußerungen entstammen schon der Zeit nach derEntscheidung. In der Politik ist der Erfolg ausschlaggebend, undder Erfolg war auf der Seite Preußens. Oder auders, richtigerausgedrückt: die Schlacht von Königgrütz war nur das Fazit einerlange?? geschichtlichen Entwickelung und die Rechnung stimmte, überOsterreich war damit wirklich der Spruch der Weltgeschichte gefällt;indem es seither keinen Versuch mehr gemacht hat, eine Revision diesesUrteils herbeizusühren, hat es die Thatsache seiner Ausschließung ausDeutschlaud anerkannt. So straste sich nach des Österreichers Frieds ungtrefflichen Ausführung???die Unterdrückung der lebendigen Kräfteim Volke durch die Gegenresormatiou und später durch die Re-gieruug Kaiser Franz' und Metternichs. Nie mehr konnte Öster-reich den Verlust jeuer tauseude von Familien gutmachen, welcheuach dem Siege Kaiser Ferdinands II. über den Protestantismusverbannt worden waren. Derselbe Druck, der daun durch mehrals ein Jahrhundert auf den Geistern lag, lähmte auch denWillen nnd die Entschlußfähigkeit von Generationen und zog einegenußliebende, zu großen Anstrengungen unwillige Bevölkeruuggroß. Und dies war für den Staat vielleicht noch schlimmer alsdie geistige Öde in Schule und Wissenschaft; denn Mangel anBildung ist in der Geschichte oft durch Kraft und Thatenfrendig-teit ersetzt worden. Dieser Mißstand steigerte sich in der Zeit