Druckschrift 
Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
Einzelbild herunterladen
 

Seine eigene Zeit in Worte fassen und sich damit gewisser-maßen über sie stellen zu wollen, erscheint auch mir vermessen.Man verwechselt dabei zn leicht persönliche Stimmnngen und all-gemeine Strömungen, und man steht den Menschen und den Er-eignissen viel zu nahe, das Kleine und Bedeutungslose sieht mannoch zu deutlich und zu groß, das Große und Bleibende ninwuchertvon dein Kleinen nnd Vergänglichen viel zu klein. Und doch stehtes mit der Zeit von 1871 bis 1890 hierin verhältnismäßig nochgünstig: es ist die Zeit Bismarcks uud durch ihn die Zeit Wilhelms I.Diese Männer leben sich vor unsern Augen darin aus, nnd umihretwillen hält sich auch manches Neue, das nnter ihnen unab-hängig von ihrem Eiufluß heranwächst, sast geflissentlich und seineZeit abwartend zurück. , Deshalb ist der Einschnitt so scharf markiertund deshalb ist seit 1890 die Welt so anders und rings um unsher alles wie verwandelt. Dieses Neue war schon vorher da,aber aus Licht wagte es sich erst, als das Alte und als der großeAlte weg war. Darum ist von diesem Neuen auch erst ganz zuletztzu reden, lln cts siöols ist die Zeit von 1890 bis zu diesem Augen-blick. Als abgeschlossen liegt dagegen die Bismarcksche Ära imganzen doch schon jetzt klar vor unseren Augen, sie gehört mehrals uns lieb ist bereits der Vergangenheit an.

Ganz deutlich zerfällt sie iu zwei Perioden, eine liberale von1871 bis 1878 und eine zweite nicht leicht zu bezeichnende: rück-läufig könnte man sie wohl in gewissem Sinn nennen, sofern jetztmit den Konservativem regiert und ostelbischen Ansprüchen nndromantischen Tendenzen Naum geschaffen wird; aber auf der andernSeite setzt hier auch ein Neues kräftig ein, dem sich gerade der Libe-ralismus nicht gewachsen und gewillt zeigt, so daß dieser mm zumTeil als das Rückständige und Rückläufige erscheint. Und zwei von

diesen Elementen das konservativ agrarische uud das romantisch

26*