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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Der Antisemitismus.

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aber neben dem Schutz der bäuerlichen Kreise gegen den Wucherdoch auch positiv des Mittelstandes anzunehmen gesucht, wobei esaber doch fraglich ist, ob sie sich damit uicht gauz besonders rück-ständig zeigen und . einer durch den Großbetrieb mit dem Uuter-gaug bedrohten Mittelklasse vergebliche Dienste leisten wollen; dochgiebt es auch unter den Vertretern der Staatswissenschaft einzelnewie Julius Wolf, die die Aussichten des Mittelstandes mit günstigerenAugen ansehen und sich dafür aus die Statistik berufen.

Die älteste Fraktion der autisemitischeu Partei ist die vouStöcker gegründete christlich-sociale; hier war das Sociale wirklichernsthaft gemeint, der Antisemitismus iu der Berliner Bewegungmehr uur Mittel zum Zweck der Agitation. Allein die Verquickuugbeider Tendenzen schadete der ersteren, nnd der antisemitische Ein-schlag ließ das christliche Element doch nur in der unreinsten Er-scheiuuugssorm des Hasses uud der Intoleranz zum Ausdruckkommen. So war das Positive daran mehr nur eine Wirkungdes unter den Gebildeten sich ausbreitenden Socialismus uud derrückläufigen Strömung, die dem Kirchlich-Religiösen auch sonst wohlzu gute kam. Allein trotzdem, wie sehr das Christliche die wer-bende Kraft für die Massen verloren hat, geht doch deutlich daraushervor, daß der Führer der jüngeren Christlich-Socialen, der schongeuauute Psarrer Naumann diese von Stöcker und Heu Alten los-löste und bei Nengrüuduug seines Vereins das Christliche aus demNamen und fast gar anch aus dem Programm hat streichenmüsseni es soll nur noch alsStimmung" mitschwingen undwird anch als solche mir noch als rudimentärer Rest von der ur-sprüuglicheu Herkunft dieser Partei und als Konnivenz gegen dievielen geistlichen Mitglieder derselbe,? weitergeführt. Aber auchdas Nationale hat sich in den Kreisen dieser National-Socialeilgewandelt. Es bedeutete ausangs soviel wie antisemitisch und ger-manisch im Sinne des Vereins deutscher Studenten. Heute trägtman kein Bedenken, sogar Juden in den Verein aufzunehmen, weileben weder das Christliche noch das Nationale mehr im Vorder-grund steht, soudcru das Sociale, das in der Person Nnumanuseine so wuchtige Vertretung findet.'

Antisemitisch wurden aber unter dem Einfluß der weite