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1830-1840,
W. Scott kennen zn lernen, „früher aus dem Uhlbach als ausTweed und Themse zn trinken". Auch ward er schon durch dieErzählungen seiner Eltern und anderer Verwandten an eine buntere,romanhaftere Vergangenheit angeschlossen. In der Schilderungheimischer „Zustände" und der daraus erwachsenden Charaktere hater es daher zu wahrer Meisterschaft gebracht, und die kleinen Er-zählungen, die mit gemütlichem Humor die Ergebuisse altmodisch-schwäbischen Sonderlcbens darstellen, gehören zu den besten Humo-resken, die wir besitzen. Neben den mit Recht berühmten „BeidenTubus", einem Gemälde stiftlerischer Weltläufte, das tiefernsterSchatten nicht entbehrt, ist die kleine Satire „den Galgen! sagtder Eichele" hervorzuheben, in der besonders die Figur des Diebes,der für seine fünfzig Gulden nirgends gehängt werden kann, denHumor Gottfried Kellers vorverkündct. In die beiden größerenRomane dagegen, „Schillers Heimatsjahre" (1843) und „DerSonnenwirt" (1855), mischten sich teils tendenziöse fremdartigeZusätze störend hinein, teils schadet das allzubehagliche Ausmalender lokalen Gewohnheiten dem Fortschritt der Erzählung. Derzweite Nomau, der mit einer ausgezeichneten Schilderung derAtmosphäre, in der der Sonnenwirt zum Verbrecher aufwächst,vielversprechend beginnt, verliert bald alle Haltung und sinkt zuletztin einer Wiedergabe aktenmäßiger Berichte unter. Wohlthätig wirktdagegen die Benutzung urkundlicher Nachrichten in seinen köstlichen„Denk- und Glaubwürdigkeiten" (1858—1861) und den kleinenGeschichten ans der alten Reichsstadt Rentlingen.
Lange nicht so fest wie Knrz in schwäbischer Eigenart wurzelteLevin Schückiug (1814—1883) in westfälischer. Zwar auch erhatte den Vorteil, zu einer „alten Familie" zn gehören, der Sohneiner Dichterin, die zu dem frommen Kreise der Fürstin Gallitzin Zutritt hatte und deren Freundschaft mit Annette v. Droste fürihn von größter Bedeutung wurde. Der junge Kritiker undMitarbeiter an Gutzkows „Telegrapheu" ward erst der Schützlingder großen westfälischen Dichterin, dann ihr Frennd, der ihr (seit1839) immer näher trat, so daß sie seine Verheiratung mit einerbegabten, jungen Schriftstellerin, Luise v. Gall (1843), nicht ver-winden konnte. Der Roman „Die Nitterbürtigen" (1846), in demSchücking seine Tendenz gegen den stolzen Feudaladel der Heimatmit manchen persönlichen Anspielungen gewürzt hatte, führte dannzu einem nicht wieder geheilten Bruch. Aber für den Nachruhm