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1840—1850.
keit" (sagt Erich Schmidt) „ist diesem lyrischen Drang selten einBedürfnis, da er die Urkraft wahrer Lyrik besitzt, mit wenigen?vieles, alles zu sagen". Doch dehnt sich auch wohl die erblickteSituation durch leichtes Weiterspinnen zu einer kurzen Novelle auswie in dem lustigen „Mädchen mit den hellen Augen" oder demtiefernsten Bekenntnis „Ein Sterbender".
So entsteht eine Lyrik, die auf den ältesten, festen Grundlagenvolkstümlicher Liederdichtuug gegründet steht und doch in jedemZug individuell ist. „Tiefes Selbsterleben ist das Wesentlichste",schreibt Storm einmal, als er sich (wie Gottsried Keller) gegen dasnnrnhige, zerstreuende Neiseu und Skizzensammeln erklärt; tiefesSelbsterleben bebt durch jede Faser dieser wundervollen Lyrik.
Und das Lyrische giebt vor allem auch seiner Novellen -dichtung den Reiz. Wie eng sie durchweg mit seiner Lyrik zu-sammenhängt, hoben wir bereits hervor; und die Grade dieserVerwandtschaft sind es auch, wonach sich die Perioden seiner Epikabgrenzen. Die beiden ersten Perioden hat (nach Paul Heyses Borgang) schon Schütze richtig geschieden: die erste geht bis zu derHeimkehr uach Husum (1848—1864) oder bis zum Tod der erstenGattin (1865), die zweite bis zur Übersiedelung nach Hademarschen (1880). „Ein härterer, energischerer Zug macht sich von nun anmehr und mehr bei ihm geltend", sagt der Biograph zur Charak-teristik des Wendepunktes 1864—1865. „An die Stelle der weichenUmrisse treten festere, nnd was er ehedem in wehmütiger Resignationhatte verklingen lassen, nimmt jetzt eine tragische Wendung." Aberder Übergang ist ein allmählicher, und noch mehr gilt das vondem zur dritten Periode. Die Gruppe der „Chroniknovellen"(„H.HuiZ sudmersus« 1377, entstanden 1875—1876; „Renate"1878; „Eekenhof" 1880, „Zur Chronik von Grieshuus" 1884, „EinFest auf Haderslevhuus" 1886) führt iu allmählicher Anspannungvon der Novelle zum Nomau. Gauz wird diese Form von Storniallerdings nie erreicht; aber „Renate", „John Riew'" (1386), „EinBekenntnis" (1888), „Der Schimmelreiter " (1888) bedeuten eben-soviel Stufen der Annäherung an die Romansorm, nnd diese Dich-tung, Storms letztes Werk, bedeutet jedenfalls die größte Nähe zudieser Gattung, die sein Talent ihm überhaupt gestattete.
Wir haben schon ausgeführt, wie durchaus Storms poetischeProduktion in der Erinnerung wurzelt. Die begierig aufgenom-menen Jngendeindrücke bilden für sein ganzes Leben den Grund-