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1870-1880.

Auch als Kritiker und Redakteur seiner „Deutschen Dichtung"(seit 1887) hat Franzos, der seit Jahren seine österreichische Heimat mitder Reichshauptstadt vertauscht hat, unablässig im Sinne seinerIdeale gewirkt und sich besonders auch um die neuere Litteratur-geschichte mannigfach verdient gemacht. Wenn dabei seine Neigungenstark nach den Normen der Schillerschen Zeit gehen — er ist imGrunde unter allen in diesem Jahrzehnt neu auftretenden Autorenam ehesten Klassizist — so hat er doch auch die Sympathie mitromautisch-realistischen Naturen nicht verleugnet und Georg Büch-ners Werke und Nachlaß (1879) mit einer anteilvollen Einleitungherausgegeben. Den Kampf aber gegen den herrschenden Zeitgeist,den alle Männer dieser Epoche zu führen hatten — welcher Dichter,welcher Denker konnte mit dem Geist dieser Periode sympathisieren?— hat er von seinem aufklärerisch-patriotischen Standpunkt ausebenso tapfer und nuermüdet geführt wie etwa Wildenbruch vonseinem romantisch-patriotischen. Fiel doch gerade in das Jahrzehnt,das ihn zum Autor reifte, die schroffste Abkehr von dem Geist derDuldung und Menschenliebe, der das Deutschland der klassischenZeit beherrscht hatte: der „Antisemitismus".

Auch dieser Rückfall in gewisse Stimmungen der Reaktions-zeit gehört zum romantischen Gepräge des Jahrzehnts. Romantikim Kampfe gegen den Zeitgeist — wir treffen sie bei den Vielenwie bei den Wenigen. Aber es ist eine Stimmung, keine fest aus-geprägte Weltanschauung; zu einem System verdichtet sie sich nichtbei der juugen Generation. Allgemeine Ideen hält sie wieder hoch,die des Patriotismus, die des Christentums, die der weltüber-windenden nenen Menschheit; aber sie lebt zu intensiv in demGenusse der kämpfenden, elegischen, humoristischen Stimmung, alsdaß sie ihn sich durch Durchführung fertiger Systeme verderbenmöchte.

So rückte, von allen Seiten vorbereitet, eine neue Zeit fürunsere Litteratur heran. Die Politik mit ihren kulturkämpferischenAnklängen an die Aufklärungszeit und der materialistische Geschmackder Massen wurden von einer neuen Romantik überwunden. Derselbstsichere Geist der Gegenwart machte der Auffassung Platz, alsVorbereitung für zukünftige Zeiten hätten wir zn dienen. Undeine intensive Hingabe an die Wirklichkeit erwuchs aus dem alleu.Sie wollte vor den Platten Allgemeinheiten und den flachen Ge-nüssen, sie wollte vor der maßlosen Verherrlichung des Verstandes