Druckschrift 
Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
Entstehung
Seite
13
Einzelbild herunterladen
 
  

FAMILIENGESCHICHTE DER BARBARO

13

nicht gegeben haben?» Und Israello habe geantwortet: «Hilf mir beimeinem Plan, so werde ich dich mit dem Blute der Nobili rächen, und duwirst die absolute Herrschaft haben.» Der Doge willigte ein, und derAdmiral, dadurch kühn gemacht, sich zu rächen, legte seinem FeindeBarbaro einen Hinterhalt, um ihn zu meucheln, was aber mißlang. VorGericht gezogen, wurde ihm vom Dogen in verstelltem Betragen dieTodesstrafe angedroht. Insgeheim spannen die beiden Verschwörer ihrenblutigen Plan weiter, bis er durch einen Eingeweihten verraten wurdeund mit dem Blute der Gewalttätigen seine Sühne fand 5 .Von dem erschütternden Eindruck des grauenhaften Ereignisses gibtein Brief Petrarcas uns Kunde, denn dieser war mit Marino Falier vor-her während diplomatischer Verhandlungen am Papsthofe zu Avignon bekannt geworden. Er schreibt von ihm: «... ein Mann, der mir seitlanger Zeit bekannt war und in dem ich mich doch getäuscht hatte.Denn stärker war sein Temperament als seine Einsicht. Marino Falier ist des Mannes Name. Sein Herz vermochte nicht in der höchsten WürdeGenüge zu finden, denn mit dem Unken Fuße hatte er den Dogenpalastbetreten. Diesen Dogen eben, ihren in allen Jahrhunderten sakrosanktenhöchsten Beamten, den die alte Zeit in dieser Stadt doch eben wie eingöttliches Wesen verehrt hatte, ihn haben die Venezianer vor wenigenTagen in der Vorhalle seines Palastes enthauptet... Eine Entschuldi-gung für ihn bringt niemand vor. Alle sagen, er habe an der von denVätern ererbten Verfassung etwas ändern wollen ... An der gefeiert-sten, berühmtesten und schönsten Stelle, die ich je gesehen, wo seineVorgänger oft in fröhlichem Jubel und im Triumphe ehrenvolle Festebegangen hatten, dort wurde er unter Zulauf des Volkes wie ein niedererSklave herangeschleppt und seiner Dogeninsignien entkleidet. Dort fielsein Haupt, und mit seinem Blute besudelte er das Portal der Kirche,den Zugang zum Palast und die Marmorstufen, die sonst oft durchfestliche Feiern und durch dem Feinde abgenommene Trophäen glän-zend geschmückt gewesen sind . . . Den Dogen, die noch kommen,sei's gesagt», ruft Petrarca aus, «sie mögen wissen, daß ihnen ein Spiegelvor Augen gestellt ist, in dem sie sehen können, daß Dogen keine Herrensind, ja nicht einmal Herzöge, sondern mit Ehren angetane Sklavender Republik 5 .»