VENEDIG IM XIV. JAHRHUNDERT
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Kardinallegaten Gabriel Condolmieri (von 1431 an Papst Eugen iv.) erinnert er andie nahen Beziehungen der Häuser Barbaro und Condolmieri zur Zeit ihrer beider-seitigen Väter 23 . Einmal in der Jugendschrift über den Ehestand 24 erwähnt er denVater jenes alten Marco Barbaro, der bei der Wahl seines Weibes nicht auf reiche Mit-gift sah, sondern ein schlichtes armes Mädchen zur Gattin erhob, die ihm dann seineSöhne besser erzog als eine in Reichtum von Jugend an verwöhnte Frau. Diese Er-innerung aus der Familiengeschichte ist wohl auch deshalb erwähnenswert, weil mandaran sieht, wie die vornehmen Häuser Venedigs sich nicht ständig in Inzucht kreuz-ten, sondern für Zustrom frischen, unverbrauchten Blutes sorgten. Francesco weißaber nur noch einen zweiten ähnlichen Fall in einer andern Patrizierfamilie zu nennen,so bleibt es Ausnahme, und er selbst heiratet wieder in eine andere an der Staatslenkungbeteiligte Familie, die Loredano, ein.
Um auch einen Blick auf das Leben und Treiben der Venezianer zur Zeitvon Francescos Vater zu werfen, wählen wir die glänzende SchilderungPetrarcas, der im Jahr 1365 Augenzeuge der Siegesfeierlichkeiten nach derNiederwerfung des candiotischen Aufstandes auf Kreta war. Er schilderteinem Paduaner Freunde: «Am 4. Juni dieses 1364. Jahres, etwa zursechsten Stunde des Tages, stand ich zufällig am Fenster und sah aufdie hohe See hinaus... da fuhr plötzlich eines der Kriegsschiffe, die manGaleeren nennt, mit grünenden Zweigen rings bekränzt im Ruderschlagin den Eingang des Hafens ein... die Matrosen hatten die Segel gestrichenund fuhren munter durch die seichten Fluten der Lagune, und mit grünemLaube bekränzte Jünglinge mit fröhlichen Mienen schwangen Fahnenüber ihrem Scheitel und begrüßten vom Vorderdecke die siegreiche, aberihres Sieges noch unkundige Stadt. Schon gibt der Wächter vom höchstenTurme ein Signal und meldet die Ankunft eines Schiffes aus der Fremde,und ohne daß es irgend jemand befohlen hätte, strömte das Volk, nur indem Wunsche, zu erfahren, was es gäbe, aus der Stadt zum Ufer hin. Dadas Schiff nun nahe herangekommen war, da bemerkten wir die Feld-zeichen der Feinde, die vom Verdeck herabhingen, und schon war keinZweifel mehr, daß das Schiff ein Siegesbote sei... Der Doge LorenzoCelso . . . wandte sich, als dies bekannt wurde, mit Lobpreisen undDanksagungen zu Gott. .. Durch die ganze Stadt hin, mit besonderemGepränge aber in der Basilika des heiligen Evangelisten Markus, derschönsten Kirche, die meines Wissens je erbaut worden ist, wurden herr-liche Dankopfer abgehalten, und man veranstaltete vor und bei demTempel eine Prozession. Nicht nur das ganze Volk war dabei und der