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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
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ERZIEHUNG DES FRANCESCO BARBARO

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nach Konstantinopel. Fünf Jahre griechischer Studien hielten ihn vonVenedig fern 28 . Inzwischen wuchs Francesco zum Jüngling heran undhatte sein erstes Latein bei dem Wanderlehrer Giovanni di Conversinogelernt, zu dem die meisten Venezianer, die sich im XV.Jahrhunderteinen Namen machten, in die Schule gingen 29 ; doch war dieser schon1408 gestorben. Der nächste Lehrer von Ruf wirkte im benachbartenPadua, Gasparino Barzizza 30 . Wie Guarino war auch er früher schon gast-lich im Hause Barbaro aufgenommen worden. Berühmt um seiner klas-sischen Latinität willen, erhob er als erster Cicero zum ausschließlichenStilmuster. Nun schien es damals in Venedig noch nicht allgemein üblich,die Knaben der vornehmen Familien, die später in den Staatsdienst tretensollten, vorher zu einem Humanisten in den Unterricht zu schicken, undso gab es zunächst unter Bekannten und Verwandten ein Kopfschütteln,weil Francesco nach Padua gehen wollte. Deshalb fragte der Achtzehn-jährige bei Guarino in Konstantinopel an, ob er sich dazu entschließensolle. Mit diesem frühen, nicht erhaltenen Briefe tritt Francesco Barbaro ins Leben ein als wirkende und sogleich auch als bezaubernde Gestalt. Wirbesitzen die Antwort Guarinos, die eine der schönsten und edelsten Äuße-rungen des Humanismus ist. Man stelle sich vor, wie dieser leichtent-flammbare und begeisterungsfähige Mann sich in der langen Abwesenheitnach dem jungen Freunde, dem er die nahe Heimkehr ankündigt, sehnte 31 .«Amatissimo fratri meo Francisco Barbaro» so überschreibt er denBrief, denn er fühlte sich als dritter den beiden Brüdern Barbaro zu-gehörig 32 . «Franciscus, du meine Seele, schreibst, du habest eine wunder-same Freude, sooft dir meine Briefe du nennst sie meine vor Augenkommen; das glaube ich wohl, denn sie sind ebensogut auch deine,wenn wirklich ich auch Franciscus bin; obschon uns nämlich die Naturals zwei Menschen geschaffen hat, so wollte doch aufrichtige Liebe,daß wir nur einer seien. Zudem halten Liebende sogar Bitteres unter-einander für süß... Du gelobst also aufzubrechen, um von der heiligenLehre unsterblichem Becher zu kosten, und du hältst, wie du sagst,denen, die sich darüber wundern, meinen Namen entgegen. Ich sehe,wohin deine Rede zielt. Das ist, als ob du sagtest, du würdest unfehl-bar von bissigen Kläffern angefallen werden, und so wirst du etwaszagend die göttliche Bahn beschreiten.» Gegen jene hausbackene und