BARZIZZAS BRIEFE AN DEN STUDENTEN
2 9
von uns abwesend warst. Ich fuhr in diesen stürmischen Zeitläuften—manwar gerade im Ungarkrieg begriffen und kämpfte im nahen Friaul gegenKönig Sigismund —fast ebenso ruhig wie eure Seeleute bei heiterem Him-mel pflegen. Einen Teil des Weges legte ich zu Fuß zurück, und nirgend-wo anders habe ich mehr erfahren, was ich meinen Füßen verdanke, als aufdieser meiner Wanderung. Jetzt will ich dir etwas sagen, was du vielleichtnicht glaubst: ich möchte nicht Bedenken tragen, jetzt mit dir wettzu-laufen, — Barzizza war damals schon über 40 Jahre — obwohl du frisch bistund so viele Tage mit der Entschuldigung des Unwohlseins ausgeruht hast,so daß du deinen Gegner in diesem Wettstreite nicht bezwängest! Endlichkam ich zu den Bergen, die Bacchus liebt. Ich fand alles von den heiligenTrauben glühen: doch solche Schau sollte der Weise eher verlachen. Aberbald danach bot sich meinen Augen eine solche Verehrung jener Gottheitdar, daß ich mit vielen Tränen die Weihen begleitete, die jene Landleute,harte Gebirgsbewohner, begingen, und ich trug kein Bedenken, zu be-teuern, daß niemand ein Weiser, ein Guter, ein Freund der Studenten blei-ben könne, der nicht diesen Gott verehre. Dieser Ansicht bin ich also. Ichnahm aber eine kleine Gabe von den Heiligtümern jenes Gottes mit, willsagen ein einzig Fläschchen Wein, Marceminus nennen sie ihn auf demLand, ebenso ein anderes von der Sorte, die selbige Leute Sclavus benen-nen ; dazu kamen noch etliche gemeine Landweine, zu denen ich die ge-ringeren Freunde rufe; aber dich erwarte ich zu der ersten Sorte. Machalso, daß du schleunigst zu uns zurückkehrst, damit ich vor meiner Ab-reise — du weißt, daß mit vielem Schweiß und Mühen in Bälde das Lukas-fest naht (18. Oktober) — mit dir diese Dinge genießen kann. Leb wohl.»Auch für Barzizza ist Francesco der junge, ja verwöhnte Freund. Inseinem vergnügten Brief trifft der Humanist gerade den richtigen Tonfür einen jungen Studenten. Er glaubt nicht recht daran, daß Francescoimmer noch krank sei, und läßt es ihn in feiner Weise verstehen, daß er sichjetzt lange genug habe zu Hause ausruhen können.Diese leise Mahnung isteingekleidet und versteckt unter der hübschen Fabel eines Ausfluges zumWinzerfest, woher er so schöne Dinge heimgebracht hat, daß nun Fran-cesco schleunigst zu ihm kommen soll, damit sie zusammen schmausenkönnen 10 und er anderntags wieder zu seiner Arbeit kommt. Letzteresschreibt der listige Humanist in seinem Briefe nicht, aber wir können