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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
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ÖFFENTLICHE DISPUTATION IN PADUA

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über 10 Kinder seines früh verstorbenen Bruders fielen ihm zur Last,das drückt ihn trotz allen Humors bisweilen sehr deshalb müsse ersich mehr, als ihm lieb wäre, von den neuen Studien und Redeübungenzurückhalten, weil er aus Mangel an besonderer Vorbereitung nichtsHervorragendes leisten könne. Der ausdrücklichen Einladung der Uni-versität dürfe er sich aber nicht entziehen. Ferner habe er so nette undeifrige junge Studenten, und die ihm keine Ruhe üeßen, bis er nichtnein zu dem gesagt habe, was sie glühend wünschten. Freilich sei ernach wie vor der Meinung, daß seine gewohnte Lebensart nicht mitsolchen Disputationen vereinbar sei, aber was tue man nicht allesdiesen jungen Leuten zuliebe! Er habe sich noch sträuben wollen, daseien sie aber zuhauf angerückt, und der Francesco Barbaro , den erallen seinen Altersgenossen hauptsächlich wegen seiner Schlichtheit undwegen seiner Begabung vorziehe, ja er könne ihn sogar, was die Beredsam-keit anlange, den meisten älteren ruhig zur Seite stellen, der habe ganzbescheiden und dadurch wie immer für sich einnehmend gesagt: Warumsolle man nicht nach der Sitte der Väter beide Arten verbinden ? Er habedoch von ihm oft gehört, daß die schönste Ausdrucksweise zuweilendie stärkste Kraft im Disput habe, wie das bei Cicero stehe, und auchQuintilian und Seneca hätten beides verbunden. Allen und ihm besonderswerde er eine große Freude bereiten, wenn er eine ihrer Schulreden(declamationes sc. Quintiliani) zur Disputation heranzöge. Außerdemweiche das auch nicht vom Rechtsstudium ab, «da du im vergangenenJahre die Disputation des Crassus bei deinem Cicero (de oratore) ausleg-test, der behauptet, einer, der sich ohne Kenntnis des bürgerüchen Rechtsfür einen Redner auszugeben wage, sei nicht nur lächerlich, sondernauch unverschämt. Dadurch hast du die stärkste Verbindung und Ver-wandtschaft zwischen der Staatswissenschaft und der Rednergabe, diedu täglich üben lassest, bewiesen. Außerdem hast du uns durch deineRede überzeugt, daß beide (nämlich immer Rhetorik und Dialektik)nicht zulängüch behandelt werden können ohne die Grundlage derPhilosophie». Hier ist durch Francescos eigne Worte gekennzeich-net, wie sich seine Studienfächer: Philosophie, Jurisprudenz, Dialek-tik und Rhetorik, verteilten, und wohin die Neigungen des jungenStudenten gingen. Am häufigsten sind in dieser Rede die Zitate aus der