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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
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II BILDUNGSMÄCHTE

Francesco hält seinen Trumpf, der auf seinen Gegner den größten Ein-druck machen muß, noch zurück, um ihn jetzt auszuspielen. Wennein venezianischer Patrizier mit einem andern Patrizier stritt, so konntees weniger Eindruck machen, wenn als Zeugen gelehrte Humanisten wieGuarino und Bruni beigebracht wurden, als wenn ein angesehner Standes-genosse für Francesco Partei nahm. Dieser Helfer war der damals bereitsverstorbene Podestä von Padua , Zaccaria Trevisan 32 , der eine wichtigeRolle in der Erziehung Francesco Barbaros gespielt hat. Wir können ihnin der Verbindung von staatsmännischen und humanistischen Neigungenals einen Vorläufer Francesco Barbaros bezeichnen, und seine kurze glän-zende Laufbahn war für den Jüngeren in jeder Beziehung das Vorbild.

DieTrevisan, von denen wir zwei Zacharias,Vater und Sohn, inVerbindung mit Barbarosehen, sind junger Adel. Zacharias der Ältere war 13 70 noch als Popolano (plebanus) ge-boren worden. Im schweren Chioggiakrieg, den Venedig um seinen Bestand mit Genua siegreich ausfocht, zeichneten sich Mitglieder dieser Familie besonders aus und er-zwangen dadurch mit andern Gleichverdienten ihre Aufnahme in die Nobilität. Diesesereignete sich 1381, als Zacharias erst elf Jahre alt war, und eröffnete ihm die Staatslauf-bahn. Wie alle Venezianer studierte er in Padua , das damals noch unter der Herrschaftder Carrara stand. Nach bestandenen Prüfungen lehrte er kurze Zeit an derselben Hoch-schule. Später wurde er ein vorzüglicher Beamter und machte sich über die vene-zianischen Grenzen hinaus als Statthalter berühmt, so daß ihn die Florentiner 1398 zuihrem Podestä wählten; zu dem Amt der Stadtkommandantur wurden bekanndich dortund in den meisten andern italienischen Städten nicht Einheimische, sondern unpar-teiische Fremde zugezogen; nur Venedig, das seiner Bürger immer ganz sicher war,brauchte solche Vorsicht nicht; es hatte schon vor hundert Jahren durch Gesetz dieAnnahme ausländischer Ämter durch Venezianer von der Erlaubnis der heimischenRegierung abhängig gemacht. Nur für die Dogensöhne galt von jeher diese Er-laubnis nicht 33 . Nachdem aber im Anfang des xv. Jahrhunderts die große Gebiets-erweiterung Venedigs auf dem italienischen Festland, der sogenannten Terra ferma,gekommen war, brauchten sie ihre Leute selber, und wir hören aus der GenerationFrancesco Barbaros nicht mehr von Venezianern in fremden Diensten, wie zur Zeitdes Zacharias Trevisano. Dieser kam in Florenz mit dem altern Humanistenkreisum den dortigen Staatskanzler Coluccio Salutati zusammen, mit dem er noch später,als er Florenz verlassen hatte, in Briefwechsel steht. Als großer Redner erfüllte erbereits das Ideal der Humanisten. Flavius Blondus , der Gelehrte, der Barbaro sehr nahestand, schreibt in seiner italia illustrata 34 : «Die Stadt Venedig besaß bis zu dieserZeit immer nur Männer, die durch ihren Ruhm in Seegefechten und in Kauffahrteibekannt wurden; aber bis zu den Zeiten der Väter war es noch von keinem Manneder Wissenschaften geziert, außer dem Dogen Andrea Dandolo , von dessen Gelehr-