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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
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II BILDUNGSMÄCHTE

Willen, die fromme Treue zu der schönsten Stadt Rom und zu deinem Vaterland schät-zen, sowie deine Ratschläge zur Eintracht und Einigung der heiligen Mutter Kirche...Wenn auch diese Reden keinen Erfolg gehabt haben, so hast du doch damit diehöchste Fähigkeit des Sagens erreicht. Ich bin immer der Ansicht gewesen, daß man dasHöchste und Beste im vollkommenen Redner ganz nach der Kunst und dem Zeitpunktbeurteilen muß und nicht nach (Erfolg »bei den Hörern 39 . »Wir sehen hieraus,daß Zacha-rias Trevisano nicht nur in der praktischen Politik Bedeutung hatte, sondern auch demTheoretiker seiner Zeit als Musterbeispiel des Redners diente. Um den Humanistenin seinen Reden als Vorbild zu gelten, mußte Trevisan auch ein sehr gebildeter undgelehrter Mann sein, weiß doch Bruni von ihm zu rühmen 40 : «Ich war sehr häufig mitZacharias zusammen, und alle Muße, die er sich nach seinen Geschäften als Oratorgönnte, haben wir auf eine rege Beschäftigung mit den Büchern und den Studien ge-wandt.» Die weitere Beamtenlaufbahn Trevisans in venezianischen Diensten verliefglänzend, abwechselnd auf wichtigen Posten in der Levante und der Terra ferma.Meistens vertraute man ihm die erste Einrichtung der Verwaltung an neuerworbenenPlätzen an. So wird er, als 1409 König Ladislaus von Ungarn und Neapel die dalmati-nische Stadt Zara an die Venezianer verkauft dies wird zum Anlaß zu dem langen Un-garkrieg mit König Sigismund als erster Graf dorthin geschickt. Dann ergreift erauch für die venezianische Republik Besitz von der Herzegowina, die ebenfalls durchKauf erworben wurde. Von seiner wie üblich einjährigen Tätigkeit als Statthalter inVerona wissen wir Näheres, besonders über seine Rechtspflege durch die schon er-wähnte Abschiedsrede Guarinos 41 , der gerade von Konstantinopel zurückgekehrt war.Dieser rühmt ihm als fast göttlich nach, daß er in seinem Richteramt nicht nur dieProzesse entschieden habe, sondern bemüht gewesen sei, auch die Streitigkeiten, diedazu führten, aus der Welt zu schaffen: ein guter Richter, der milde bestraft und gernebelohnt. «Was soll ich von deiner Zugänglichkeit sagen, womit du deine Türen offenhieltest und auch den Privatleuten ein geneigtes Ohr liehest, so daß du, der du durch Amtund Würde als Erster hervorragtest, ihresgleichen mit den Geringsten zu sein schienst ?Ein jeder sprach bei dir vor, sooft und solange er nur wollte.» Zwischendurch wurdeTrevisan aber auch im Heere verwendet. Die venezianische Nobilität hatte die Gewohn-heit, nur im Seekrieg die Admirale und Seeoffiziere aus ihren Reihen zu stellen.Den Land-krieg überließ sie Söldnerführern, den sogenannten Kondottieren, und ihren angewor-benen Scharen, zu deren Beaufsichtigung sie zwei Provveditoren ins Lager abordnete.In dieser Stellung hat Zacharias Trevisan den Feldzug gegen die letzten Skaligeri, dievon Venedig entthronten Herren von Verona , und die vom selben Schicksal betroffenenCarrara von Padua mitgemacht. Nach der Eroberung von Padua im Jahre 1405 wirder dort zum ersten venezianischen Podestä bestellt. Über die Schwierigkeit eines solchenAmtes äußert sich der beste Kenner der Geschichte seines Staates, der gelehrte DogeMarco Foscarini im xvin. Jahrhundert, dem wir das Werk: deixa letteraturaveneziana verdanken, wie folgt: «Durch die neuerliche Erwerbung der Terraferma war die Regierung über die hinzugekommene Bevölkerung äußerst schwierig;deshalb bestimmten dazu die alten Väter immer Senatoren von erstem Ruf, die nicht