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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
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III HUMANISTISCHE ARBEITEN BARBAROS

Völkerwanderung sei endlich gewichen; nicht gewichen sei aber mitihm die Entartung der Sprache (sermonis foeditas), die stärker dennje eingerissen wäre. Rom habe zum Teil seinen Glanz und seine Kulturwiedererlangt 5 , aber nicht seine ursprüngliche Sprache. Jetzt endlichbeginne es, zum echten Latein zurückzukehren; was damals kaumeiner von der Zukunft zu erwarten gewagt, daß die lateinische Spracheallen Schmutz und alle Barbarei von sich schüttle, sei jetzt Wirklich-keit geworden. Der erste, der sie wieder zu Ehren gebracht habe, seiBarzizza. Mit ihm hätten als Bahnbrecher die beiden Toscaner Bruniund Poggio gewirkt. Der nächste, der sie durch seinen unglaublichenEifer fast übertroffen habe, sei Guarino gewesen, dann Pier Paolo Verge-rio, dessen Büchlein von den edlen Sitten fast größere Eleganz aufweise,als man es sonst bei einem Manne dieses Zeitalters fände. Er ist in seinerUterarischen Produktion der Vorläufer Barbaros. Er war, fährt Sabel-licus fort, der Hörer des Chrysoloras aus Konstantinopel, wie ErmolaoBarbaros Großvater, Francesco; «wenn ich dessen treffende (accuratissimi)Reden und Briefe lese und auch sein so anziehendes Buch über die Ehe, sokann ich nicht anders als über die Kenntnisse des Mannes staunen».Sabellicus würde ihn noch mehr loben, wenn er nicht fürchtete, manhielte ihn allzu parteiisch für die Venezianer, zumal da er den gleich-strebenden Genossen Barbaros, den Patrizier Leonardo Giustiniani 6 ,der uns noch oft begegnen wird, loben muß. Der etwas ältere Giustinianiwar ebenfalls Schüler des Guarino und übersetzte zur selben Zeit wieBarbaro Plutarchbiographien; abgesehen davon, daß er ein im Griechi-schen und Lateinischen bewanderter Humanist ist, gilt er aber auch alsein italienischer Dichter von Rang, der in der Nachfolge Petrarcas eineneignen Ton fand. Seine bevorzugte Dichtungsgattung, kleine Liebes-lieder, die Strambotti, wurde später in heiterem Spiel von dem berühmtenLorenzo de'Medici wiederaufgenommen. Es ist bezeichnend für diestrengen Humanisten der Generation des Sabellicus, daß ihnen dasDichten in italienischer Sprache als verlorene Mühe gilt, denn er be-dauert: was hätte Giustiniani für den Gebrauch der Allgemeinsprache(des Lateinischen) leisten können, wenn er sich nicht den Rhythmen (rime)zugewandt hätte, obgleich er sich auch auf diesem Gebiet nicht mittel-mäßigen Ruhm erworben habe. Diese Äußerungen sind ein Muster für die