Druckschrift 
Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
Entstehung
Seite
56
Einzelbild herunterladen
 
  

56

III HUMANISTISCHE ARBEITEN BARBAROS

ich das in Angriff nahm, begann ich mit dem syrakusanischen Dion....»Guarino wird aber hier von einem seiner Schüler aufmerksam gemacht,daß die Lebensbeschreibung des Brutus, die das römische Gegenstückzum Dion bildet, schon von einem andern übersetzt worden sei. Er läßtsie also aus, um nicht eines Plagiates bezichtigt zu werden, und bringt nurden Vergleich des griechischen mit dem römischen Staatsmanne. «Wasübrigens ausgelassen war, Plutarchs ausgezeichnetes und scharfsichtigesUrteil über beide und die besonders verglichenen Unterschiede, habe ichin römische Ausdrucksweise übertragen. Größten Wert lege ich auf deingebildetes Urteil. Wenn ich sehe, daß dich diese Art von Schreibenoder vielmehr mein Geschreibsel freut (genus literarum vel liturarumpotius), so wirst du mich unbedingt kühner machen zur Übersetzung derübrigen. Vor allem verlange ich von dir, mein trefflichster Franciscus,daß du nichts vorher zu lesen beginnst, als bis du meinem trautesten undgelehrtesten Lehrer Manuel Chrysoloras jenen vergilischen Vers singst:

SEMPER HONOS NOMENQUE TUUM LAUDESQUE MANEBUNT.

EHRE UND LOBSPRUCH WIRD DIR AUF EWIG NACH WÄHREN.Denn als zu allem übrigen Unheil auch noch der Mangel an griechischerBildung unabsehbare Finsternis und schwarze Nacht weit über Italien ausgebreitet hatte, brachte er aus eingeborener Güte und leuchtenderBegabung nicht geringen Glanz zu unsern Menschen, zu denen das alteSchrifttum, lange Zeit ein Flüchtling, unter der glückverheißenden Füh-rung (ductu et auspicio) dieses strahlenden Mannes nun zurückzukommenbegann, als kehre es heim.» Durch dieses schöne Zeichen der Pietät senktGuarino die Ehrfurcht vor dem Spender des geistigen Gutes in den Jün-geren ein, als Dank für den Schatz, den Chrysoloras denltalienern herüber-brachte und den diese begeistert empfingen. Diese Huldigung vor dergriechischen Sprache hat Manuel Chrysoloras dem lateinischen Geisterwidert, indem er Ciceros Briefe an Atticus ins Griechische übertrug 16 ,das damals, solange noch das byzantinische Kaisertum bestand, in reinerWeise in Konstantinopel gesprochen wurde, also in jeder Beziehungnoch eine lebendige Sprache war.

Wie nah Barbaro Plutarch gekommen war, geht aus seiner Vorrede zurAristidesbiographie hervor 17 . Als Wahlspruch nimmt er das Wort einesväterlichen Freundes, des Bischofs von Vicenza : Die Geschichte sei