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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
Entstehung
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IV DE RE UXORIA

sind die Stimmen des Altertumes meist der Ehe abgeneigt. Sie lehren,daß Familienvater zu sein kaum der Hauptlebenszweck des Mannes seinkann. Piaton äußert sich wohl, daß noch nie einem Manne für seineleiblichen Kinder ein Denkmal errichtet wurde 2 , wohl aber für seinegeistigen, und Aristoteles sagt sogar, daß eine Frau nur die Hälfteso viel wert sei als ein freibürtiger Mann 3 . Freilich schuf sich dasgriechische Altertum an Stelle der nie aus dem Hause heraustretendenEhefrau die gebildete Hetäre, die mit den Männern in geistigen Austauschtreten konnte. Der erste, der sich dann ausführlicher vernehmen läßt, istder Schüler des Aristoteles, Theophrast ; zwar ist sein «goldnes Buch»nur in einem kurzen Auszug des Hieronymus auf die Nachwelt gekom-men 4 , doch hat diese kurze Stelle genügt, die theophrastische Ansichtüber die Ehe im Mittelalter 5 und der Renaissance bekannt zu machen,wie man an häufigen Erwähnungen sieht. Ebenso wie Theophrast inseinen Charakteren immer nur die negative Seite zeichnet, so auch inseinem Fragment über die Ehe. Er wirft die Frage auf, ob der Weise einWeib heimführen solle. Was ihn dazu verleiten könnte, wie Schön-heit, Wohlgesittetheit, edle Abkunft, Gesundheit und Reichtum derBraut, all das reicht nicht aus, abgesehen davon, daß sich diese Vor-bedingungen selten zueinander finden: Er solle nicht heiraten; dieStudien des Philosophen hindern ihn daran. Man könne eben nicht zugleicher Zeit den Büchern und dem Weibe dienen. Die Ansprüche derFrau an den Mann seien zu groß. Die ganzen Nächte hindurch habeman ihren kläglichen Wortschwall auszuhalten. Alles, was man kauft,prüfe man vorher. Nur die Frau und ihre Untugenden lerne man erstnach der Hochzeit kennen. Wenn man ihr das Regiment im Hause über-trage, so sei man ihr Sklave; behalte man aber etwas der eigenenEntscheidung vor, so «glaubt sie dein Vertrauen nicht zu haben; siewendet sich zu Haß und Gezänk, und wenn du nicht rasch Vorsorgetriffst, wird sie dich vergiften». Ein solch düsteres, an die Karikaturstreifendes Gemälde des Ehestandes konnte Francesco trotz der Autori-tät des berühmten Namens für seine Arbeit nicht brauchen, denn siepaßte nicht ganz zur Hochzeitsfreude. Zweifellos hat er die häufig zitierteStelle gekannt; er bringt sie aber nicht, trotzdem viele Jahrhundertevon den Kirchenvätern an bis auf die Scholastik immer wieder Theo-