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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
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150 V BARBARO ALS FREUND DER HUMANISTEN

in der er mit Papst Nikolaus wetteiferte, auch die neueren griechischenSchriftsteller in seinem Lande heimisch zu machen. In diesem Sinne istdas folgende Wort des Trapezuntios zu verstehen: «Chrysostomos (derKirchenvater, dessen ÜbersetzungTrapezuntios 1450 anBarbaro schickte)und andere Griechen, die bald durch uns Lateinisch reden werden,schulden deshalb uns selbst nicht mehr als dir.»

An die Freundschaft Barbaros mit Trapezuntios knüpft sich auch eingeistesgeschichtlich bedeutsamer Kampf um die Vormachtstellung Aristo-teles ' und Piatons in ihrer wechselnden Gewalt über den Geist der Men-schen. Der Name des Trapezuntios als Humanist ist für die Aristoteles -Forschung bedeutsam geblieben. Doch hat Georgios zeitweise auch einenplatonischen Standpunkt vertreten. Paulus Jovius charakterisiert ihn inseinen ELOGIA 116 : «Er hatte zur Arbeit (bis in die Nächte hinein = adlucubrandum) eine äußerst tüchtige und starke Begabung, jedoch, wiesich bald herausstellte, war er voll finsterer Scheelsucht, denn da ersich als einen Peripatetiker ausgab und den Aristoteles allein in denHimmel hob, wurde er so unerträglich ausfällig, daß er nicht einmaldas Ingenium des göttlichen Piaton konnte loben hören und dessenSätze in einem berüchtigten Buche überscharf und unverschämt her-unterriß.» Derartige Polemik war im Mittelalter nicht ohne Vorgang.In der gleichen Weise wie Trapezuntios hatte schon Barlaam, der kala-bresische Mönch und Bischof, von dem Petrarca Griechisch lernenwollte, Piaton angefeindet. Als Verfechter des Ruhmes Piatons trat einanderer auf, wohl der berühmteste der in Italien heimisch gewordenenGriechen, der Kardinal Bessarion . Trapezuntios gehörte zu jenen eidenGelehrten, die glauben, die Großen des Geistes und der Geschichte vorihren Richterstuhl ziehen zu dürfen, um ihnen nach jeweiliger Launetadelnde oder lobende Zeugnisse auszuteilen. Die vor allem rügt Bessarion in seiner Schrift: GEGEN EINEN VERLEUMDER PLATONS 117 . Zu denvon Nikolaus V. dem Trapezuntios aufgetragenen Übersetzungen ge-hörten auch DIE GESETZE des Piaton. Er hatte sie, wie es sich ziemt,dem Papst gewidmet. Als er aber bei diesem in Ungnade fiel, änderteer geschwind die Widmung und schrieb eine Vorrede an Barbaro undden venezianischen Senat. Diesen plötzlichen Wechsel in der Widmungnimmt ihm der Kuriale Bessarion sehr übel und schwärzt es ihm als