HINRICHTUNG DES GRAFEN CARMAGNOLA
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überzugehen, unter deren Fahnen er seinen ersten Kriegsruhm erworbenhatte, da riß ihr die Geduld. Vergeblich versuchte man ihn bei der Treuezu halten und überschüttete ihn mit Ehren. So fand am 27. Februar 1430eine feierliche Belehnung des Grafen durch den Dogen statt, beider Barbaro als Zeuge genannt wird 57 . Zwei Jahre später zieht sichdas Ungewitter über dem Haupte des Heerführers zusammen, dochkonnte es die Signorie nicht wagen, den Kondottieren mitten in seinemLager verhaften zu lassen; so entschloß sie sich, ihn zu überlisten. Unterdem Vorwand einer Besprechung über die weitere Kriegsführung wirdder Graf nach Venedig gelockt, und als er sich ahnungslos, doch nichtschuldlos auf den Weg macht, ergeht an die Podestä aller Städte, durchdie er kommen mußte, der geheime Befehl, wenn er Verdacht schöpfens ollte, mit allen Mitteln, nötigenfalls mit Gewalt, ihm die Flucht unmöglichzu machen. Doch Carmagnola kommt ohne Aufenthalt in Venedig an,betritt den Dogenpalast, um zu hören, daß die Signorie und der Doge zurStunde verhindert seien. Man hatte ihn sorgsam von seinen Gefolgsleutengetrennt und führte ihn nun statt in sein Quartier über die Seufzerbrückeins Staatsgefängnis. Erst jetzt erkennt er die Falle und jammert: «Ich binein verlorener Mann.» Als ihn die jungen Nobili, die ihn geleiten, be-ruhigen wollen, antwortet er nur dumpf: «Man fängt keinen Vogel, umihn wieder fliegen zu lassen.» Unter der ersten Folter gesteht er schon undwird von den sechs Richtern, unter denen Barbaro saß, wegen Hoch-verrates zum Tode verurteilt. Tags darauf schlug man ihm zwischen denbeiden Säulen auf der Piazzetta das Haupt ab. Seine Witwe flüchtete mitdem Leichnam nach Mailand , wo Herzog Filippo Maria ihn ehrenvollbestattete. Keiner der Zeitgenossen hat an der Schuld Carmagnolas ge-zweifelt, aber wenn die Venezianer durch diese strenge Bestrafung einabschreckendes Beispiel aufstellen wollten, so mißlang ihnen das, denndesselben Vergehens machten sich auch die nächsten Kondottieren, diesie in Dienst stellten, schuldig, nur ließen sie, gewarnt durch das Schicksalihres Vorgängers, sich nicht mehr fangen.
Nicht nur gegen Mailand im Westen hatten die Venezianer zu kämpfen,auch mit dem östlichen Nachbarn, dem Ungarkönig Sigismund, derspäter Deutscher Kaiser wird, lagen sie schon seit langen Jahren im Krieg.Während ungarischer Thronstreitigkeiten hatten sich die Venezianer