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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
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VII DIE BELAGERUNG VON BRESCIA

wollte. Der so sorgfältig vorbereitete nächtliche Überfall von außen wie von innengelingt, die überraschten mailändischen Truppen ziehn ins Kastell zurück, die Bürgerverbarrikadieren die Tore und warten ängstlich auf das Eintreffen Carmagnolas,der bald an der Spitze des venezianischen Heeres einrückt. Bis Oktober 1421 ziehensich noch Kämpfe hin, dann ergibt sich die Zitadelle. Schon in diesen Kämpfentreten zwei Hauptpersonen auf, die auch inden späteren Kämpfen um Brescia (von 1438bis 1440) eine Rolle spielen, aber ihre Rollen sind gerade vertauscht; auf Venezianer-seite kämpft damals der Fürst von Mantua, der Marchese Gianfrancesco Gonzaga , dernach der Enthauptung Carmagnolas 1432 venezianischer Generalissimus wird, wäh-rend der Herzog Filippo Maria den größten und genialsten Heerführer jener Zeiten,den Grafen Francesco Sforza , zum Entsatz der Bresciancr Burg herbeisendet. Er kannjedoch hier nicht mehr viel ausrichten. Brescia blieb dem Herzog für immer verloren;er hat diesen Verlust nie verschmerzen können. Neujahr 1427 wurde der Friede ge-schlossen. Papst Martin v. vermittelte, und wir wissen schon, wie Barbaro als vene-zianischer Bevollmächtigter in Rom mit den mailändischen Abgesandten verhandelte.Später wurde Kardinal Albergati ausgesandt, um im Mailänder Kastell den Herzogzum Nachgeben zu überreden. Dieser klagt: So lange seien die Venezianer seineBundesgenossen gewesen, und nur von den Florentinern aufgehetzt, überfielen sie ihngrundlos. Dem sich Sträubenden bedeutet der Kardinal, daß er ohne Zweifel nochschlechter führe, wenn er sich jetzt nicht füge. Mit dem abgeschlossenen Vertrage reitetder Kirchenfürst sodann, einen Ölzweig in der Hand, nach Brescia , wo er vonBischof und Domherren unter Standarten feierlich eingeholt wird. Hierauf leistet dieBürgerschaft im Dom den Venezianern das Treuegelöbnis. Jedoch der Olivenzweigdes Kardinals verdorrte bald. Weil der Herzog die Burgen im Brescianer Gebiet nichtherausgeben wollte, entbrannte kurz darauf der Kampf von neuem, ihm folgte nachkurzem Frieden ein dritter, der heftigste der Kriege mit Mailand . Der Herzog schürtevenedigfeindliche Umtriebe in Bologna und unterstützte die Verschwörung des letz-ten verbannten Carrara, der sich wieder in den Besitz von Padua setzen wollte. Darinsah Venedig den Anlaß zum Kriege, in dem Barbaro einer der Hauptbeteiligten wurde.

Vom Beginn der Feindseligkeiten im Jahre 1437 besitzen wir eine Rela-tion aus Barbaros Feder über die politische Lage Anfang Mai, die er anden Kanzler des deutschen Reichs Kaspar Schlick sandte 4 . Diese Relationist für sein politisches Denken recht aufschlußreich. In Ligurien sei derKrieg ausgebrochen, die Genuesen in die Verteidigung gedrängt; derHerzog unterließe nichts, um in Genua innere Schwierigkeiten hervor-zurufen. Barbaro sucht den Kanzler für die res romana ac libertas zugewinnen. Gegen die mailändische Feuersbrunst sind ihm alle Mittelrecht; man dürfe sogar denen Schutz und Straffreiheit gewähren, dieunter kaiserlicher Oberhoheit Umsturz in feindlichen Städten treiben

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