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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
Entstehung
Seite
197
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BARBARO: PROWEDITORE IM LAGER

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vene2ianischer Landmacht als Capitano nach Brescia berufen. Zunächstwar die Gefahr noch fern, so daß er seinen 15 jährigen Sohn Zachariasdorthin kommen lassen konnte. Hier aber wird der Junge auf den Todkrank und der Vater zweifelt schon an seinem Aufkommen. Davonspricht ein schöner Dankbrief Barbaros für die Teilnahme, die ihm derDogensohn Giacomo Foscari bezeugt hat 8 .

Besonders schmerzlich war für den Vater die erste Zeit, wo er noch im Lager war, derSohn aber in Brescia krank lag: «Als ich in Zacharias in Brescia starb und Zacharias imLager in mir um das Leben kämpfte.» Wie der Strom antiker Philosophie und christ-licher Frömmigkeit in diesem Manne sich zwanglos mischen, zeigt das Weitere.Giacomo Foscari hatte in der größten Not die befreundeten Mönche von San Michele in Venedig angerufen, daß sie durch ihre Gebete den himmlischen Beistand herabflehenmöchten. Dafür ist ihm Francesco dankbar: «Du hast uns nicht nur geholfen, sondernauch bewiesen, was die Würde unserer Freundschaft und Verbundenheit vermag... Duweißt, Unglück geteilt und gemeinsam getragen wird leichter.» Wenige Monate späterhat Foscari Francesco noch einmal Trost zuzusprechen für einen Verlust in seinerFamilie, der ihn gerade in dieser bedrohlichen Zeit traf 9 . Sein ältester Neffe, an dem erVaterstelle vertrat, Lodovico, welkte mit 24 Jahren dahin: er muß schon immer kränk-lich gewesen sein, denn der Oheim hatte ihn erst mit 21 Jahren und später als seinenjüngeren Bruder Daniel, der das vorgeschriebene Alter von 18 Jahren hatte, zur ballad'oro, der goldenen Kugel der Awogaria del comun, führen können, mit der über dieAufnahme der jungen Adeligen in den großen Rat abgestimmt wurde 10 . Wie sehr Bar-baro den hochgebildeten Sohn des Dogen schätzte, zeigt erneut sein herzlicher Dank-brief : «So würdig ernst hast du mich getröstet, daß im Schmerz die Liebe und Treue,im Rat die Tugend und Weisheit erkannt werden können 9 .»

Im Juni und Juli fand der jährliche Amtswechsel der venezianischenBehörden in Brescia statt. Podestä, also das Haupt der Zivilverwaltung,wurde der rechtschaffene Cristoforo Donato. Er tritt ganz hinter seinembedeutenderen müitärischen Amtsgenossen, dem Kommandanten derStadt, Francesco Barbaro , zurück, dessen Titel capitaneus oder capitanowar. Seit dem 6. Juli 1437 läuft seine Amtsperiode; jedoch hat er, wieschon erwähnt, statt der gesetzmäßigen Dauer von 1 bis iVa Jahren überdrei Jahre, genau 40 Monate, auf diesem gefährlichen Posten ausharrenmüssen. Die Zustände in der Stadt waren bei seiner Ankunft äußerstverworren, es war ja überall in Italien seit Jahrhunderten die Regel, daßsich innerhalb der Mauern die Parteien auf das bitterste befehdeten.Eine Ausnahme machte nur Venedig. Bedrohüch mußte dies werden,wenn einer so zwieträchtigen Stadt wie Brescia eine aller Voraussicht nach