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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
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255
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AUSGANG DES DRITTEN MAILÄNDISCHEN KRIEGES 25 5

der so mit Ehrfurchtsbezeugungen vor dem Herzog erfüllt ist, daß dieVermutung naheliegt, Barbaro habe vorsichtig sein wollen, da der Briefnach Mailand ging und in die Hände des Herzogs hätte fallen können;vielleicht hofften aber auch die Venezianer damals noch, durch Nachgiebig-keit den Herzog zum Frieden bewegen zu können: «Ich, ruft Barbaro aus,dem Italien Mutter und nicht Stiefmutter bedeutet, bitte Gott , daß derErlauchteste Herzog von Mailand bei den Verhandlungen einen Entschlußfasse, der der Zukunft von ganz Italien am meisten zum Heil und zumRuhm gereicht 4 .» Wie es anders kam, zeigte das letzte Kapitel.Bei Barbaros Rückkehr 1440 aus Brescia war der dritte mailändischeKrieg noch nicht zu Ende. Der Herzog nahm wieder seine Zufluchtzum alten diplomatischen Spiel und schickte den Markgrafen Niccolöd'Este, der bei ihm in Mailand war, zu Sforza mit der Botschaft, BiancaVisconti sei schon in Ferrara und warte nur, daß Sforza zu den Mai-ländern überginge, um Hochzeit mit ihm zu halten. Sforza aber wußte,daß Bianca dem Lionello d'Este angetraut werden sollte, weigerte sichauf die Verlockung einzugehen, und teilte das Anerbieten des Herzogsden venezianischen Proweditoren mit, welche erfreut über den neuenBeweis der Treue des Grafen zu den Venezianern ihn zu den Fest-lichkeiten einluden, die Sforza und Barbaro zu Ehren in Venedig an-gekündigt waren. Nicht ohne Besorgnis betrat Sforza die Lagunenstadt,denn es ging das Gerücht, es werde ihm ebenso ergehen wie demGrafen Carmagnola. Dieses Gerücht machte sich der schlaue Piccininozunutze und erzählte seinen Soldaten, daß Sforza bereits hingerichtet seiund sie jetzt nichts mehr zu befürchten hätten. Als man eben in Venedigauf dem Höhepunkt der Feier und der Festesfreude stand, traf die Nach-richt ein, daß Piccinino den Oglio wieder überschritten und bei Chiari8000 Reiter Sforzas überrumpelt und auseinandergejagt habe. Die Nach-richt von Sforzas angeblichem Tode verbreitete solche Bestürzung auchbei den venezianischen Truppen, daß der Feldherr schleunigst zum Heereeilen mußte, um sich seinem Heere zu zeigen. Der wiederbeginnendeKrieg zieht sich noch Monate hin, da Piccinino einer Entscheidungs-schlacht auswich. In seiner Ungeduld machte Sforza einen Vorstoßund geriet dabei in eine ihm von Piccinino gestellte Falle bei der Berg-feste Martinengo, die zwischen Brescia und Bergamo liegt. Endlich