BARBARO RÄT ZUM TÜRKENKRIEGE
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römischen Kirche beitrugen! Von den Venezianern will ich schweigen,weil sie, wie ich zu sehen glaube, so gestimmt sind, daß man vonihnen, wenn sie nur mit ihren Nachbarn Frieden haben können, nachder Überlieferung ihrer berühmten Vorfahren Großes im Türkenkriegerwarten darf. Auch werden sie keine Gefahr verschmähen, die derChristenheit Heil, Freiheit, Lob und Ruhm bringen wird.» Ferner be-grüßt es Barbaro, daß bereits die Leute von Rhodos, Ragusa und Ancona nach eignen Kräften Flotten bauen, um in der allgemeinen Gefahr nichtmit ihrer Hilfe zurückzubleiben.
Es ist, als ob Barbaro kurz vor seinem Tode noch ein neues Blatt Welt-geschichte mit weithin deutenden Aufgaben europäischer Politik auf-geschlagen hätte. Über 200 Jahre hinaus blieben die von ihm aufgewor-fenen Fragen stets im Vordergrund der Ostpolitik; wir sind erstaunt, zurZeit des weitesten Ausgreifens türkischer Großmacht, während derBelagerung von Wien 1683, von dem berühmten Prediger damaliger Zeit,Abraham a Sancta Clara , ganz ähnliche Klagen zu hören, wie sie Barbaroerhob. In seiner handgreif liehen Weise schilt Abraham:«Wer hat die Türken, diesen Erbfeind, gezogen in Asiam, in Europam, in Hungarn ?Niemand anderer als die Sünd, nach dem S im ABC folgt das T, nach der Sünd folgt
der Türk .....Aber doch weiß ich, und du weißt es auch, und er weiß es desgleichen,
daß unter anderen Ursachen des türkischen Aufnehmens und Christen Abnehmens diemeiste sei unsere eigene Uneinigkeit und zertrennte Gemüter. Es mögen andere hochver-standige Statisten viel Ding beylegen, die vonnöten waren, dem ottomanischen Mond-schein ein Finsternuß zu machen, meines wenigsten Verstandes nach manglet nureins, und so nur eins bei uns Christen wäre, würde der Türk wenig Reis mehr essenzu Konstantinopel: wir Christen sollten eins miteinander sein, solchergestalten könntendie vereinigte christliche Potentaten die ausgebreitete ottomannische Macht stutzen.Aber die Einigkeit ist bei uns so beständig, wie bei dem Jonas die Kürbisblätter, denenein kleines Würmlein die Liberey ausgezogen, also ihr Grünen nur etliche Stund ge-tauret. Bei uns findt man warm, arm, und daß Gott erbarm in einem Tag und ist unserFried so weit von krieg wie Sachsenhausen von Frankfurt . Der tolle Mars schlafft beiuns so sacht, daß ihn auch ein geringe Hausgrüllen kann aufwecken. Was blutige Krieghaben wir in der Christenheit gesehen, offt wegen etlicher Klafter des Erdbodens, offtwegen eines eytlen Tituls, offt aus eigenen Mutwillen, und Kitzl eines Ehrgeizs 81 ---»
Papst Nikolaus nahm die Ratschläge des erfahrenen Prokurators von SanMarco, Francesco Barbaro , freudig auf und verfuhr nach ihnen, doch hatBarbaro nicht mehr erlebt, daß Kardinal Scarampo als Oberbefehlshaber21 *