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II. Die Sturm- und Drangjahre
von M8—^850
Ein wichtiges Ergebnis hatte die voraufgegangene Periode des Stillstandesohne Zweifel gezeitigt. Die alte preußische Disziplin und die vollkommeneEinheit im Heere, die 1315 so sehr gefehlt hatte, war hergestellt. Zumalwar das Offizierkorps völlig in sich verschmolzen und stand in der nunkommenden Zeit politischer Erschütterungen geschlossen zu seinem Herrscher.Es hat sich damit um die Zukunft Deutschlands ein großes Verdienst er-worben; denn wäre der Thron ohne diese sichere Stütze gewesen, hättendie revolutionären Bestrebungen eine parlamentarische Mehrheitswirtschaftgebracht und nur ein schwaches Scheinkönigtum übrig gelassen, so konntePreußen nicht derart erstarken, daß es die schweren Kämpfe zu bestehenvermochte, welche Deutschlands Einigung erfordern sollte.
Am 7. Juni 1840 war König Friedrich Wilhelm III. gestorben undKönig Friedrich Wilhelm IV. bestieg den Thron, von seinem Volke mitgroßen Hoffnungen empfangen. Bei den Reisen, die er als Kronprinz inden letzten Zeiten im Lande unternommen, hatte sein Auftreten den gün-stigsten Eindruck hinterlassen. „Er entzückte, wo und wie er sich zeigte,alle, die ihn sahen und hörten, ebensosehr durch seine frohe Laune undUngezwungenheit, als durch das Interesse, das er für alle ernsten Fragenund Sachen zeigte." Wünsche, die bisher mit Rücksicht auf die hohenLebensjahre des alten Königs zurückgedrängt worden waren, begannen sichzu regen. Das geistige Leben der Armee erhielt einen neuen förderndenAnstoß, Kriegsspiel und militärwissenschaftliche Vorträge begannen.
Bei der Königsrevue von 1842 fiel der Unterschied der Landwehr gegendie Linie besonders ungünstig auf. Die große Zahl der fast ganz unge-übten Mannschaften in ihren Bataillonen beeinträchtigte deutlich die Hal-tung. Die ungenügende Autorität und mangelnde Diensterfahrung desgrößten Teils des Offizierkorps vermehrte das Übel. Bei den Kavallerie-regimentern bestand eine große Ungleichheit in dem noch von den Kreisengestellten Pferdematerial. Den Gebrauch der Lanze, mit der sie bewaffnetwaren, kannte nur ein Viertel der Mannschaften; alle übrigen verstandennicht damit umzugehen.
Der König mahnte in seinen Befehlen zu größerer Ordnung, die sichnicht nur auf die geschlossenen Abteilungen, sondern auch auf die Schützen-ketten erstrecken sollte. Grundsätzliche Anordnungen aber unterblieben;