Druckschrift 
2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
Entstehung
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten
 

Ginleitung

Der zweite Band dieses Werkes hat lange auf sich warten lassen. Er ist zugleich über das Maß des ersten hinaus angewachsen. Das ergab sich naturgemäß im Verlauf der Arbeit. Ich war anfänglich der Meinung, daß es genügen würde, die großen Kämpfe für Deutschlands Einigung zu schildern, um die kriegsgeschichtliche Entwicklung des Jahrhunderts bis zum Schlüsse richtig beurteilen zu lassen.

Aber das tiefere Eindringen in das Studium gewährte mir die Er­kenntnis, daß der gefährliche Stillstand, der nach den Befreiungskriegen eintrat, niederdrückender gewirkt hat, als es allgemein zum Bewußtsein gekommen ist. Die verhängnisvollen Folgen, die er hätte haben können, sind nicht eingetreten. Die große Gefahr, in der wir schwebten, wurde durch ein gnädiges Geschick von uns abgewendet und darum weniger be­achtet, als es für den Lehrgang des deutschen Volkes dienlich erscheint.

Nicht nur das kriegerische Rüstzeug war in den langen Jahren des Friedens, der bis weit über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinausreichte, hinter den Forderungen der Zeit zurückgeblieben, sondern auch der führende Geist, der es brauchen sollte, hatte sich in Banden schlagen lassen. Er war kleinlich, behutsam, schwunglos geworden. Er hatte den Zug von Größe verloren, der ihn zuvor bis nach Leipzig und Belle-Alliance ge­leitet hatte.

Es war daher notwendig, die Kämpfe der Periode von 1848 bis 1850 weit ausführlicher darzustellen, als sie es ihrem äußeren Umfange nach verdienten. Nur so konnte klar gemacht werden, wie weit wir schon vom richtigen Wege abgeirrt waren. Was hätte ein Blücher, ein Scharnhorst, ein Gneisenau, ein Jorck zu den operettenhaften Feldzügen in Posen, in Dänemark , in Baden gesagt, hätten sie ihnen von den lichten Höhen herab zuschauen können, in denen sie weilten. Sie würden das Geschlecht von der Katzbach, von Dennewitz und Möckern , von Ligny und vom 18. Juni 1815 nimmermehr wiedererkannt haben.

Erst wenn man sich dahinein vertieft, begreift man ganz, wie Großes König Wilhelm I. und seine Paladine geleistet haben, zugleich auch, wie