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IN. Die Zeit des Stillstandes
5. Politik
Wenige Tage nach dem Zusammentritt der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt a. M. war eine preußische zur Vereinbarung der Verfassung nach Berlin berufen worden. Auch ihre Tätigkeit mehrte nur die Verwirrung der Geister und die Erregung der Massen, statt brauchbare Grundlagen für das künftige Staatsleben zu schaffen. Den ihr zur Beratung übergebenen Entwurf der Regierung schob sie in doktrinärem Hochmut beiseite; brachte aber nichts Neues zustande, das sür die Regierung annehmbar gewesen wäre. Am 14. Juni 1848 stürmte der Pöbel der Hauptstadt das Zeughaus, zerstörte und plünderte darin und wurde erst verjagt, als es zu spät war, den Frevel zu hindern. Am 16. Oktober kam es zu einem blutigen Zusammenstoß von Arbeitern und Bürgerwehr. Am 31. umstellte der Pöbel die Nationalversammlung und verübte Einschüchterungsversuche gegen mißliebige Mitglieder, und diese Vorgänge fanden in den Provinzen ihren Widerhall.
Am 1. November berief der König ein entschlosseneres Ministerium unter dem General Grafen Brandenburg, ließ am 10. den General v. Wrangel mit hinreichender Truppenstärke in Berlin einrücken und dort den Belagerungszustand verkünden. Die Nationalversammlung war tags znvor nach Brandenburg a. H. verlegt worden, versammelte sich jedoch unvollzählig, wurde aufgelöst und aus eigener Machtvollkommenheit des Königs eine inzwischen von der Regierung bearbeitete Verfassung mit zwei Kammern verkündet.
Neuwahlen für diese fanden statt unter Anberaumung der Eröffnung auf den 26. Februar 1849. Freilich tagte die Kammer uur bis zum 27. April, wo es zur Auflösung kam, da sie die Frankfurter Reichsverfassung für gültig erklärte. Aber größere Ruhe kehrte doch zurück und die Regierung gewann an Kraft und Sicherheit, wie es das Einschreiten in Dresden und Baden bewies.
Die Treue der preußischen Armee zu ihrem Könige war trotz den erregten Zeiten, trotz einer allgemeinen Begriffsverwirrung nirgends ins Schwanken geraten. Das friderizianische Erbteil der persönlichen Zusammengehörigkeit des Offizierkorps und durch dieses der Truppen mit ihrem königlichen Kriegsherrn, das auch die trübe Zeit des Zusammenbruchs von 1306 und 1807 überdauert hatte, bewährte sich glänzend. Sie hatte nicht