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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
Entstehung
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VI. Die Rämpfe um Deutschlands Ginigung

Die Ereignisse sollten trotzdem einen ganz andern Weg einschlagen, alses allgemein erwartet wurde. Der Krieg gegen Frankreich blieb aus. An-dere Verwicklungen traten an seine Stelle. Am 23. September 1862 hatteOtto v. Bismarck-Schönhausen als Ministerpräsident die Leitung der Staats-geschäfte übernommen. Er galt der liberalen Masse des Volks nur alsder reaktionäre Junker, der berufen worden sei, die freimütige Oppositiongegen die verhängnisvolle Armeereform niederzuschlagen und Preußen indas alte Fahrwasser der heiligen Allianz, ja darüber hinaus in ein Ab-hängigkeitsverhältnis zu Rußland zurückzuführen.In Preußen wird jetztHerr v. Vismarck schön Hausen", wurde ein plattes aber beliebtes Witzwort .Weiten Kreisen, zumal im alten Adel des Landes, galt er als demokratischangehauchter Umstürzler. Nur wenige, die ihn näher kannten, begriffenBismarck . Noon hatte seine Ernennung vom ersten Augenblicke an be-fürwortet. Der Generaladjutant Manteuffel unterstützte ihn. Beiden ge-lang es, in einem Zeitpunkte der Not an starken Persönlichkeiten, Preußen den Mann zu gewinnen, der des Deutschen Reiches getreuer Eckart wer-den sollte. Auch des Königs mildem Empfinden schien Bismarcks frisch-gewalttätiges Temperament anfangs bedenklich. Nur mit Mühe rang ersich zu der Überzeugung durch, daß allein eine tapfere Politik des Kampfesdie vielen seit 1843 schwebenden Fragen lösen könnte, und daß der neueMinisterpräsident neben Roon und Moltke hierfür richtig gewählt wäre.Im Innern mehrten sich zunächst die Schwierigkeiten. Der Versuch einesAusgleiches mit der im Parlament allmächtigen Fortschrittspartei mißlang.Bismarck nahm durch eine Rede vom 27. Januar 1863 für die Kronedas Recht in Anspruch, das Budget festzusetzen, wenn die beiden Häuserdes Landtages sich über den Staatshaushalt nicht zu einigen vermochten.Erbitterter Widerstand auf der andern Seite war die Folge.

Der Lauf der Dinge drängte dazu, durch Lösung der großen Aufgabenin der äußeren Politik vor allem der deutschen Frage erst derÜberzeugung zum Siege zu verhelfen, daß die Haltung der Regierungberechtigt fei, und dann den inneren Frieden wieder herzustellen.Ichwill Preußen aufrichten, ihm die Stellung in Deutschland verschaffen, dieihm als rein deutschem Staate gebührt." Bismarck war von Anbeginnüberzeugt, daß der Gegensatz zwischen Preußen und Österreich in allendeutschen Angelegenheiten nicht anders als durch einen Krieg zu lösen