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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
Entstehung
Seite
252
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Die Bildung der Parteien.

nehmen und mit dem Kehrichthausen der Privilegien von Adel uudKlerus aufgeräumt werden müsse.

Mau liest hie und da manch unklares oder uuüberlegtes Wort,aber das politische Urteil über die notwendigen Reformen des Bundeswie der Einzelstaaten war namentlich 183040 erheblich klarer, als181420. Dabei drängen sich zwei Beobachtungen auf. Einmalhatte der fortgesetzte Druck die Zahl der Radikalen vermehrt, welcheglaubten, daß Deutschland von den Trümmern des mittelalterlichenZtaates und von den jedes RechtSgefühl empörenden Ansprüchen derAbsolutisten nur mit Hilfe Frankreichs frei werden könne. DieReformen der beiden ersten Jahrzehnte waren durch Frankreich au-geregt worden, nnd nach dem Siege der Julirevolution erschienFrankreich von neuem als das Laud der Freiheit und der Befreier.Die alte weltbürgerliche Neiguug der Deutschen siegte da über dieZtimmung der BesreiungSkriegc, uud mau träumte vou der Ver-brüderung der beiden Nationeu. Indessen der Kreis derer, dieernsthaft so dachten, war nicht groß. Kräftig erhoben sich dagegendie warnenden Stimmen, uud daß sie den Sieg behielten, machtedas Jahr 1840 schnell offenbar.

Die andere Beobachtung betrifft einen Fortschritt in den Ge-danken über die deutsche Resorm. Wohl stand man noch immervor der Schwierigkeit, daß weder die beiden Großmächte, noch dieMittelstaateu sich friedlich iu eine einheitliche Staatsordnung ein-fügen würden, aber schou erhob sich daneben der Gedanke, daßPreußen berufen sei, Deutschland zu einigen. Mit ganz besondererKraft traten gerade zwei NichtPreußen dafür ein, der WürttembergerPaul Pfizer und der in WiSmar geborene und als GöttiugerProfessor in hannoverschem Dienst stehende Dahlmann. Siegabcu uicht bloß Andentnngen uud Einfälle, sondern ausgereifte Ge-danken, die jeden Tag als politisches Programm formuliert werdeukonnten. PfizersBriefivechsel zweier Deutschen" (1831) wird heutesetteu geleseu, denn das Buch hat ein philosophisches Gewand, dasuns bei einer politischen Streitschrist fremdartig berührt. Wer sichaber davon uicht abschrecken läßt, der wird von der Kraft und Tiefeder Beweisführung ebenso ergriffen, wie von dem poetischen Schwungder patriotischen Gedichte des Anhangs.