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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
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Die Reaktion von 18501858, im besonderen in Preußen .

nicht. In Frankreich sei ihr Centrum das göttliche Recht desKönigs.

Es ist der Gegensatz gegen die Souveränetat des Volkes. Es ist die aufGott und nicht auf Volksmillen ruhende Autorität des Königs, ihre Unab-hängigkeit von dem Willen deS Volkes, ihre Ununterbrochenheit durch dieganze französische Geschichte. Der reinste Ausdruck dessen ist von Lud-wig XVIII. bei Verkündigung der Konstitution von 1814 gegeben. An dieHeiligkeit der Monarchie schließt sich aber bei den Legitimisten die gefeierteStellung des Adels. . .. Dazu kommt noch das Ansehn und die Macht derkatholischen Kirche als Staatskirche. . . .

In Deutschland hat die erste französische Revolution keine Erschütterungder fürstlichen Macht bewirkt... . Die Fürsten wurden durch sie nur mäch-tiger. Hier ging die Revvlutionierung vielmehr von oben aus, von denRegierungen, von der Bureaukratie, und die Nevolntionierung bestand nichtin der Auflösung des Unterthanengehorsams, sondern in Auflösung derinneren Gliederung des Volkes und Schwächung der religiösen Basis desStaates. In Deutschland war deshalb in jener Epoche gar keine Ver-anlassung für eiue legitimistifche Partei, die vorherrschend das royalistischeElement vertreten hätte, denn das war nicht im geringsten angefochten, imGegenteil aufs äußerste getrieben, sondern hier bildete sich teilweise nur einePartei zur Abwehr jener inneren Eingliederung. So trat in Prenßen derHardenbergschen, in Bayern der Montgclasschen, in Österreich schon früherder Josephinischen Gesetzgebung gegenüber eine reaktionäre Partei auf. Erstspäter, da die Bewegung in Deutschland gegen die Throne zu schlagen be-gann, erstreckte die legitimistische Partei sich auch auf die Vertretung dermonarchischen Gewalt und vorzugsweise auf die Erhaltung der landständischenVerfassung alten Charakters im Gegensatz zu der konstitutionellen Theorie.Seit 1848 bildete sich eine wirkliche Partei der Legitimität in vollster Aus-dehnung für Königtum wie für alle Elemente der Gesellschaft mit sehr ver-schiedenen wissenschaftlichen Grundsätzen und praktischen Teudeuzeu.

Stahl gerät bei diesem Versuche, die Forderungen der preußischenLegitimisten der fünfziger Jahre als die Forderungen des gutenRechts und der gesundeu Entwicklung zu rechtfertigen, in viel-fältige Verlegenheit, und auch dem Leser, der sich gerne überzeugenlassen möchte, werden leicht manche Wendungen mehr wie eine Redezu Gunsten der Junker gegen die Gouvernementalen des preußischenHerrenhauses und gegen das Ministerium Mantcufsel klingen alswie eine wissenschaftliche Erörterung. Deutlich erkennt man ferner,wie groß der Einfluß der französischen Legitimisten auf diepreußischen Konservativen nnd nnter ihnen auf Stahl selbst war.Leiht er ihnen doch selbst den NamenLegitimisten", für den diePreußischen Verhältnisse keinerlei Veraulassuug boten. Das erklärt