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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
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Der Regent und Österreich .

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den unerwartet günstigen Frieden von Villafranca und Zürich anzubieten. Österreich blieb im Besitze Venetiens, und Napoleon lud den leidenschaftlichen Zorn der Italiener auf sich, denen erdie vollständige Befreiung von Österreich zugesagt hatte nnd diesich nun von ihm betrogen sahen.

Indessen wirkte des Regenten Politik in der Krisis des Sommers1859 trotz ihrer Halbheit aus die inneren Verhältnisse Preußens uicht entfernt so ungünstig wie die schwankende Politik FriedrichWilhelms IV. im Krimkriege. Anch wer ein anderes Auftretengewünscht hätte, gestand doch leicht zu, daß die Verhältnisse sehrverwickelt waren, und immerhin bedeutet es etwas, daß der Regentsich zum Kampse bereit gezeigt und zugleich vermieden hatte, einWerkzeug der österreichischen Politik zu werden. Befremdlich abermußte es sein, daß der Regent nach dem feindseligen VerhaltenÖsterreichs , das alle Aufopferung nur wie den unzureichendenDienst eines Pflichtigen Vasallen behandelte, Reformen der Militär-verfassung des Bundes betrieb, die das Einvernehmen zwischenPreußen und Österreich zur Voraussetzung hatten. Der Gedankewar, daß das ganze Bundcshecr nach preußischem Muster neugeordnet werde, gleiche Dienstzeit, gleiche Ausbildung, gleiche Waffenerhalte, und daß der Oberbefehl für den Kriegsfall zwischen Öster-reich und Prenßen geteilt werde. Der Regent hatte den Planselbst in ausführlichen Denkschriften bearbeitet. Die technisch-militärische Seite der Frage, die das eigenste Gebiet des Prinzenbildete, beherrschte ihn ganz nnd ließ ihn die politische Unmöglich-keit des Planes und die Gefahren, die er für Preußen einschloß,übersehen. Zugleich erkcnut man, daß die politischen Berichte undDenkschriften Bismarcks aus Frankfurt dem Regenten nicht bekanntoder von ihm nicht gewürdigt waren, daß er sich die Thatsachen,auf die Bismarck hinwies, noch immer mit Gefühlen und Tra-ditionen verschleierte.

Nach dem Frieden von Zürich , am 10. November 1859,hatte sich die Stimmung in Deutschland noch entschiedener zuGuusten der italienischen Einheitsbestrebungen geklärt. Mai? sah,daß Österreich nicht imstande sei, die Herrschaft in Italien zu be-haupten, und auch wer es wüuschte, konnte auf die Erhaltung