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geknüpft ist als ihre Schwestern. Ihre Befreiung knüpft an PaukWallot an. Er ist ein Schüler der Berliner Architekturrichtung,aber jener Zeit, in der diese mit Lucae und Ende schon nach Be-freiung aus der Nachahmung Schinkels rang. Das süddeutschevolllebige Wesen machte ihn vor der gedankenscharfen Art der Tek-toniker stutzig. Eine glückliche Begabung in der Darstellung hatihn lange dabei festgehalten, daß er Ansichten nach den Entwürfenanderer fertigte. Endlich hatte er, müde dieser Thätigkeit, in Frank-furt sich niedergelassen.
Frankfurt genoß damals in der Bauwelt uicht den allerbestenRuf. Es waltete dort eiu Geist der Uubotmäßigkeit gegen die nunsreilich lange schon in allgemeines Schwanken geratenen ewigenGesetze wahrer Schönheit, wie sie, an allen Kunstschulen verbreitet,Deutschland beherrschten. In Frankfurt war man noch oder schon„zopfig", d. h. man scheute sich dort nicht, Formen zu verwenden,die nicht die Läuterung durch den stilistischen Geist erfahrenhatten. Da war der Architekt Burnitz, der ganz seine eignenWege ging und unbeengt durch Akademieen und bevormundendeMeister sich einer frischen Auffassnng italienischer Kunst zuwandte,sogar jene Versuche stilistisch hinter sich ließ, die Semper undNikolai in Dresden und Leins in Stuttgart mit der Frührenaissancegemacht hatten und munter aus der Schale reifen italienischenSchaffens trank.
Burnitz war nicht der einzige, der diese Richtung vertrat.Heinrich Theodor Schmid , Sommer u. a. standen ihm zurSeite. Selbst der Berliner Lucae, seit 1870 Architekt desFrankfurter Stadttheaters, sog in der Mainstadt die frischerekünstlerische Lnft zu eigenem Wohlbefinden ein. Dort erwarb sichauch Friedrich Thiersch die Frische des Schaffens, die ihn späterzu Wallots gefährlichstem Nebeubuhler ini Wettbewerb für dasReichstagsgebäude machte. In München hat sie sich in einer viel-seitigen Bauthätigkeit, namentlich ant dortigen Justizpalaste bethätigt.
Es ist kein Zufall, daß in jenein wichtigen Wettbewerb umdas Hans des Deutschen Reiches zwei Künstlern der erste Preiszuerteilt wurde, die in den siebziger Jahren in Frankfurt dieAnregung für ihr Schaffen erhielten. Denn Burnitz hatte