I. Borläufer des 19. Jahrhunderts.
den Mißgriff begehen könne, statt Vaccinelymphe irgend ein an-deres Krankheitsprodukt dem vaccinierten Arme zu entnehmen?
4. Ist die allgemeine Vaccination der Kinder zu empfehlen,mit Ausnahme der Fälle, wo besondere Gründe sie verbieten?
Daraufhin strömte in London ein gewaltiges Material zu-sammen, dessen Sichtung von John Simon vorgenommenwurde und ergab, daß die Fragen 1, 2 und 4 sast einstimmigbejaht, die Frage 3 verneint werden konnte. Da aber doch durchNachlässigkeit an verschiedenen Orten Krankheiten (namentlich Syphilis)übergeimpft worden waren, so kam immer wieder das Postulat,an die Stelle der humanisierten Lymphe die tierische zu setzen,d. h. die Impfung von Arm zu Arm aufzuheben und die Lymphean besonders ausgesuchten, gesunden Tieren (Kälbern, Schafen) zuzüchten. —- Das Neichsgesetz vom Jahre 1874 läßt in dieser Hin-sicht den Ärzten freie Hand und erlaubt die humanisierte, die origi-näre, die animale Lymphe und die Retrovaccine. Außerdem schreibtes vor, daß alle Kinder vor Ablauf des auf ihr Geburtsjahrfolgendeu Jahres — wenn nicht gewichtige Gegengründe vorliegen— und in dem Jahre, in welchem sie das zwölfte Lebensjahrvollenden, geimpft werden müssen. Jede erfolglos gebliebeneImpfung muß wiederholt werden, nur das Überstehen der natür-lichen Blattern besreit davon. Wir können stolz darauf sein, daßwir ein Jmpfgesetz in Deutschland haben, welches von den dies-bezüglichen in anderen Ländern herrschenden Vorschriften nicht er-reicht wird.
Im Jahre 1884 trat im kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin eine Kommission zusammen, in welcher auch die Jmpsgegner ver-treten waren. Die Kommission beschloß unter anderem: „Da diemit der Impfung mit Menschenlymphe unter Umständen verbundenenGefahren für Gesundheit und Leben der Impflinge (Jmpfsyphilis,Jmpferysipel u. s. w.) durch die Jmpsung mit Tierlymphe, soweites sich um direkte Übertragung der Syphilis oder der accidentellenWundkrankheiten handelt, vermieden werden können, und da dieImpfung mit Tierlymphe in der Neuzeit so vervollkommnet ist, daßsie der Jmpsung mit Menschenlymphe fast gleich zu stellen ist, sohat die Jmpfuug mit Tierlymphe an Stelle der mit Menschen-