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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Biologie.

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Es liegt nahe, daß das Gesetz der Arbeitsteilung, das jaauch im Haushalte des Menschen eine große Rolle spielt, aufdiese Zellenstaaten angewandt wurde, und so entstand die Lehre,daß einzelne Zellen als Bildungssnbstanz, andere als Bildungs-produkt anzusehen sind und demzufolge auch anatomische resp,physiologische Unterschiede ausweisen. Namentlich Spencer Wells,Milne Edwards, Lionel Beale und Max Schultze haben indieser Hinsicht bahnbrechende Arbeiten geschaffen. Man fand vonder Zelle ausgehend die einzelligen Organismen, denen man unterdem Namen der Protisten eine Zwischenstufe zwischen dem Tier-nnd Pflanzenreich einräumte uud von denen Ehrenberg dieglänzende Entdeckuug machte, daß sie durch ihre festen Zellen-hüllen aus kohlensaurem Kalk oder aus Kieselsäure ganze Erd-schichten, ganze Kreidefelsen bilden. Noch weit wichtiger wardie Entdeckuug, mit der die Namen de Vary, Koch undPasteur verbunden sind, daß eine große Anzahl von Krankheitender Pflauzen und Tiere, die Fäulnis und die Gährung von ein-zelligen Mikroorganismen abhängt, deren Bau und Lebensweiseauf das Eingehendste studiert worden ist, so daß wir, wie schonmitgeteilt, zum Teil auch schon die Abwehrmittel kennen gelernthaben und sich aus dieser Lehre eine ganz neue Richtung in derMedizin gebildet hat.

Die alte Lehre von der Urzeugung hat trotz der gegenteiligenForschungsresultate lauge in den Köpfen gespuckt, bis endlich dieWahrheit gefunden war, daß. die einzelligen Mikroorganismensich nur durch Teilung vermehren, bis von Virchow der funda-mentale Lehrsatz aufgestellt wurde:omnis eellula s esUula".Hertwig ist der Meinung, daß die Kluft zwischen der belebtenund der unbelebten Natur durch all diese Forschungen nicht aus-gefüllt, sondern eher noch vertieft wurde und daß die Zelle alsder elementare Grundstein der belebten Natur nicht in Gesahrsteht, der chemischen Forschung anheim zu fallen, sondern daß sieals ein Organismus, der aus kleineren Lebenseinheiten von ver-schiedener chemischer Beschaffenheit besteht, uus unbekannte Be-ziehungen zum Lebensprozesse unterhält. Darin liegt nach Hertwignoch eine Welt des Forschens für die Biologie verborgen. Die