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II. Anatomie und Entwickelungsgeschichte.
neueren Studien über die Karyokinese zeigen uns, daß die Ver-einigung kleinster, von einander chemisch differenzierter Teilchender Zelle ein neues Leben einleitet; auf diesem Gebiete müssenZoologie und Botanik, Embryologie nnd mikroskopische Anatomie,Bakteriologie nnd Chemie zusammenarbeiten, was zum Teil schonangebahnt ist.
Der dritte große Fortschritt des abgelaufenen Jahrhundertsist die Lehre von der Entwickelung. Vom Vater der Ent-wickelungsgeschichte, v. Vaer, bis zu Lamarck und Darwin istein weiter Weg, aber ein Weg voll glänzender Thaten. Darwin hatte insofern Glück mit seinen Veröffentlichungen, als er ein wohlvorbereitetes Feld und in Haeckel einen Vertreter fand, derallen Angriffen dnrch seine Kenntnisse gewachsen war. Wir habenschon betonen können, welch lebhafter Streit sich erhob, nachdemDarwin seine Bücher in die Welt geschickt hatte; der Streit istnoch heute nicht beendigt, aber wir müssen unterscheiden zwischender Entwicklungsgeschichte und der Selektionstheorie: ,1k rlle Dar-^viriion n^xotnesis vas svvsxt g.n'g,^, svolution ^voulä siill stanA^vnöi-ö it ^vas" ist ein schöner und bezeichnender Ausspruch Hux-leys. Es ist nicht zu vergessen, daß auch die Botaniker nichtgesäumt haben, der Biologie scharfe Waffen zn schmieden; wir denkendabei an die Entdeckung des Geo- und Heliotropismus, derPhototaxis und Chemotaxis und wissen, was wir Männern,wie Sachs und Pfeffer, zu danken haben. Daß die Physiologiemit eingriff, darf nicht wundernehmen, ist sie ja selbst reine Bio-logie. Was das verflossene Jahrhundert dnrch das Tierexperimentgelernt hat, was die Vivisektionen den wißbegierigen Schülernzeigten, läßt sich nicht durch human aussehende Einwendungen gegendiese Methoden aus der Welt schassen; wir Menschen sind schonso selbstherrlich und anmaßend, daß wir unser eigenes Wohl höherstellen als das der Tiere, und wenn es eben nicht anders geht,anch durch das Experiment am Tiere lernen, wenn wir dadurchMenschenqualen ersparen können.
Daß die gegen die Vivisektion angeregte Propaganda vielfachübertreibt, ist nicht nur in Gelehrtenkreisen bekannt. Was habenwir alles diesen Untersuchungen zu verdanken! Der Bellsche