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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Pettenkofer .

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einen Gradmesser für die Verunreinigung der Lnft zu habeu, be-stimmte er deu Kohlensäuregehalt derselben und stellte den Satzauf, daß eine Lust, die mehr als 1 Kohlensäure enthält, nichtmehr für den Menschen und die Tiere geeignet ist. Er erkannteauch den Vorzug der Pnlsiousmethode bei der künstlichen Venti-lation vor der Aspirationsmethode, weil man die in die zu lufteu-deu Räume getriebene Luft auf ihren Wert vorher kontrollierenkann, bei der Aspiration aber nie genau weiß, woher die ueueiu-strömcude Luft kommt. Alle diese Sätze hat er in seiner Abhand-lung:Über den Luftwechsel iu Wohngebüuden" (1858)niedergelegt und die Folge seiner Kohlensaurebestimmuug der Lustwar die durch die Munificeuz des Königs Max ermöglichte An-schaffung seines großen Respirationsapparates, mit dem esgelingt, den gesainten Stoffwechsel genau zu bestimmen. Damitbeginnen seine epochemachenden, in Gemeinschaft mit dem berühmtenPhysiologen Voit, seinem Schüler, unternommenen Untersuchungenüber den Stoffwechsel des Menschen, welche allenthalben das größteAussehen erregten. Darauf folgten, die Arbeiten über die Kleidungund über den Boden und in einem engen Zusammenhange damitüber die Grundwasserverhältnisse. Um nun einen Maßstab sürdie Verunreinigung des Bodens zu finden und nachzuweisen, in-wieweit derselbe durch organische Stoffe verunreinigt ist, nahm erwieder seine Zuflucht dazu, den Kohlensäuregehalt der Bodenlustzu messen, denn es war klar, daß diese Kohlensäure nur aus derZersetzung von organischen Stoffen herstammeu konnte. DasResultat seiner Studien über die Bodenlnft war die 1865 er-schienene Arbeit:Über die Wahl der Begräbnisplätze",worin er sich dahin aussprach, daß ein Kirchhof richtig angelegtund unterhalten der Umgebung keinen Schaden bringen kann.

Die Reinhaltnng des Bodens brachte Pettenkofer dahin,vor allein die in München ünßerst zahlreichen Versitzgrubeu zubeseitigen, von welchen aus der Boden vergiftet wurde. Es wareiu schweres Stück Arbeit, das Pettenkofer auf sich genommenhatte, denn er mnßte mit alten, eingerosteten Vorurteile,: kämpfenund in München herrschte der Glaube, daß eiue Schwindgrube nmso besser sei, je mehr sie durchlässig ist, was ja auch vom Stand-