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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Pettenkofer .

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Bayern seinen Wünschen gerecht geworden war. 1878 wnrde dasnene Institut eröffnet, das erste ii? der Welt, aus dem die meistender derzeitigen Hygieiniker hervorgegangen sind, in dem die Wissen-schaft in einer seltenen Weise gepflegt wurde und gepflegt wird.Es ist ein Beweis für Pettenkofers Beliebtheit unter seiueuSchülern, daß sie alle in dem bescheidenen Institute deu Mittel-punkt ihres Strebens sahen, und vou dort aus giugeu die epoche-machenden Entdeckungen hinaus iu die Welt. Mau sah es demfreundlich blickende» alten Herrn nicht auf den ersten Blick an,welche Macht er über die Gemüter hatte, aber wenn er in Feuerkam und wenn seine Augen vor Heller Begeisterung blitzten, dannstand jung und alt uuter dem Baune der einzigen Persönlichkeit,deren Haupteigenschaften Streuge gegen sich selbst und Güte gegenandere waren. Kaum einer der vielen Schiller, die in der Find-ling-, jetzt Pettenkofer -Straße zu Füßen des großen Meisters ge-sessen hatten, vergaß die schöne Zeit des Lernens und wenn ihmdraußen im Leben eine Frage vorkam, die er nicht beantwortenkonnte, oder wenn er eine interessante Thatsache ans hygieinischeinGebiete entdeckt hatte, er mußte sie dem Lehrer mitteilen, weil ebendessen Werkstätte der geistige Mittelpunkt der Schule war.

Ebenso wertvoll, wie die hygieinischen sind auch die epidemio-logischen Untersuchungen Pettenkofers , die ihm viele Angriffebrachten. Er ließ sich aber nicht irre machen nnd hielt an seinenAnschauungen fest aus innerster wissenschaftlicher Überzeugung.Die Choleraepidcmie, welche im Jahre 1854 München und Bayern heimgesucht hatte, wurde von einer Kommission statistisch ver-arbeitet, woraus der bekannteHanptbericht über die Choleraiu Bayern vom Jahre 1854" entstand. Schon damals äußertesich Pettenkofer dahin, daß die Cholera zwar durch deu mensch-lichen Verkehr verschleppt wird, daß dies aber nicht durch Kranke,sondern auch durch Gesunde und durch leblose Gegenstände geschehenkann. Die Cholera kann sich aber nicht an jedem Orte entwickeln,denn es giebt Gegenden genug, in welchen trotz der Eiuschleppungkeine Epidemie entsteht. Es müssen gewisse, mit dem Orte engzusammenhängende Verhältnisse sein, welche die Verbreitung derKrankheit begünstigen. Pettenkofer nannte dies dieörtliche