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VI. Hygieine.
Disposition", weshalb man seiner Lehre den Namen der loka-listischen gegeben hat. Während aus porösem, sür Lnft undWasser durchgängigem Boden, der mit organischen Stössen ver-unreinigt ist, Epidemien entstehen, bleiben dieselben in Orten, dieans sestem Felsen oder undurchlässigem Thon gelegen sind, aus;man nannte dieselben immuu. Außerdem ist es noch nötig, daßder Boden den sür den Chvlerakeim günstigen Feuchtigkeitsgehalthat; daher kommt es, daß unter gewissen Umständen auch ein sonstfür die Cholera nicht immuner Ort verschont bleibt. Man kenntdiese Thatsache unter dem Namen der örtlich-zeitlichen Dispo-sition. Die Richtigkeit seiner Anschauungen bewies Pettenkofer durch seine Studien über die Cholera in Indien, wo in Kalkutta die endemische Cholera abnimmt, wenn die große Regenperiode imbesten Gauge ist, also der Boden zu viel Feuchtigkeit enthält. InMadras erreicht die Regenmenge nicht die Höhe, wie in Kalkutta ;deshalb fällt die Zeit der größten Morbidität in die Regenperiodeund das Nachlassen der Erkrankungsziffern in die Periode, inwelcher der Boden durch die Hitze ausgetrocknet ist.
Den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens beurteilte Pettenkofer uach der Höhe des Gruudwasserstandes, den er vom Jahre 18S6ab in München regelmäßig messen ließ. Er nahm an, daß beihohem Grundwasserstande die über demselben liegenden Teile desBodens mehr mit Feuchtigkeit erfüllt siud, als bei niedrigein.Pettenkofers Schüler Buhl zeigte schon 1865, daß die Zahlder Typhusfälle in München abnimmt, wenu das Grundwassersteigt, und zunimmt, wenn es fällt. Dasselbe Verhältnis sandPettenkofer selbst bei der Choleraepidemie vom Jahre 1873.Dreißig Jahre laug waren die Grundwassermessuugeu eiu genauerIndex für die Morbidität an Typhns; seitdem München allseitigkanalisiert ist, hat sich der Zusammenhang nicht mehr nachweisenlassen, weil eben die wenigen Fälle, die sich in München noch er-eignen, nnr durch die Neruureiuigung des Bodens, die nicht aller-orten vollständig vermieden werden kann, zn erklären sind. VonBedeutung ist auch der Satz Pettenkosers, das; die Choleranicht kontagiös ist, also nicht von Mensch zu Mensch ansteckt, ob-wohl sie durch die Menschen verschleppt werden kann. Schon sehr