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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Städtehygieine,

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gestellt haben und welche die aufstrebende junge WissenschaftHygieine zu der Höhe bringen halfen, auf welcher sie heutzutagesteht. Hygieiue ist die Losung allerorten; mehr wie je hat derArzt das Recht erhalten und sich die Pflicht auferlegt, in öffent-lichen Fragen mitzusprechen und damit direkt und indirekt für dasGemeinwohl zu arbeiten. Nachdem wir der Koryphäen des Fachesgedacht haben, bleibt^nns noch übrig, im einzelnen nachzuweisen,wie sich die Hygieine entwickelt hat. welches ihr derzeitigerStandpunkt ist und welche Aussichten ihr für die Zukunft be-scheert sind.

Bei dem Wachstum der Großstädte, bei der Judolenz deseinzelnen Individuums gegenüber gesundheitlichen Fragen ist esnötig, daß der Staat die Gesundheitspflege in die Hand nimmtnnd durch bestimmte Gesetze regelt. Wir wissen durch die Erfah-rung, was eine vernünftige Gesetzgebung in diesem Falle leistenkann, wie Städte, die vorher von Epidemie» Jahr um Jahr heim-gesucht wurden, gesund wurden, nachdem man einmal daran ge-gangen war, die Schädlichkeiten zu beseitigen, für hinreichendesWasser zu sorgen, den Boden zu sanieren, die schädlichen Gewerbeaus dem Innern der Städte zu beseitigen. Wir wissen ferner,welche Schädlichkeiten schon dem Kinde in der Schule drohen, wieansteckende Krankheiten verbreitet werden können, wie durch schlechteHeizung und Lüftung der Keim zu schlimmen Krankheiten gelegtwird, wie besonders die Angen unter schlechter Beleuchtung leidenund müssen anerkennen, daß die moderne Hygieine ein offenesAnge für all die vielen Feiude hat, welche dem Menschen drohen.Es hat viele und erbitterte Kämpfe gekostet, bis die neuen Lehrenhaben durchdringen können, denn in nichts ist der Mensch konser-vativer und Wohl auch leichtsinniger als in Fragen der Gesundheit,so empfindlich und so hypochondrisch angelegt auch das einzelneIndividuum sein mag, aber wo allgemeine hygieinische Maßregelndurchgeführt werden sollen, da wird etwas gebraucht, was vielenMenschen leider noch mehr wert ist als die Gesundheit, nämlichGeld. Es kann darum nicht wundernehmen, daß die HygieineNnssenschaftlich manches festgestellt hatte, was ihr praktisch durch-zuführen noch lange nicht möglich war; wie hat ein Mann, wie