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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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VI. Hygieine.

Petteukofer, der doch eine Autorität allerersten Ranges war,reden und streiten müssen, bis man endlich seinen Vorschlägenunchkam und die Stadt seines Wirkens aus einem Typhusnest zueiner gesunden Stadt machte! Der Ehrenbürgerbrief, den mandem Manne später überreichte, die goldenen Medaillen waren nurein schwacher Ersatz für das viele Unrecht, das man ihm zugefügt,ihm, dem Menschenfreund, der nichts auf Ehren und Auszeichnungengegeben hat.

Beginneil wir mit einem sehr wichtigen Kapitel, mit derArbeiterhygieine; man versteht darunter die Schädlichkeiten,welche geeignet sind, die Gesundheit der Arbeiter zu beeinträchtigenund die Mittel, diese Schädlichkeiteil aus der Welt zu schaffenoder zu vermindern. Nach einer englischen Statistik beträgt dasdurchschnittliche Lebensalter in der Arbeiterbevölkeruug 22, in dengut situierteu Klassen 44 Jahre, also doppelt so viel. Die Schäd-lichkeiten sind zu suchen in dem Arbeitsmaterial, in dem Arbeits-raum uud in den bei der Haltung augenommeueu Korperstellungen.Das Material kann durch Staubentwickeluug schadeu oder einegistige Beschaffenheit haben. Nicht alle Staubarten sind ge-fährlich, so hat Soyka die Ungefährlichkeit des Kohlenstaubesnachgewiesen. Bedenklich ist der animalische und der vegetabilischeStaub. Mail spricht von einer Kohlentunge, Eisenlunge, Kiesel-lunge, Tabaklunge uud keimt die Einlagerung von Baumwolleu-stanb. Interessant ist auch die Beobachtung, daß iu deu Kobalt-werkeu von Schneeberg die Häufigkeit der bösartigeil Neubildungenin der Lunge eine auffallend große ist. Giftwirkuugen kommeilzu stände, entweder durch die Atmuug, indem gasförmige Sub-stanzen eingeatmet werden, oder durch die Haut oder durch denVerdaunugskanal. Es ist nicht immer notwendig, daß eine aknteVergiftung erfolgt, vielmehr kommt es gar nicht zu selten durchlangsame, aber unablässige Wirkung zu einem chronischen Siech-tum, welches durch das Gift indirekt ausgelöst wordeu ist. Unterdeil Giften, welche hier in Betracht kommen, haben wir zu nennen:Arsenik , Ammoniak, Blei, Benzin, Chlor, Grubengas, Kohlenoxyd,Kohlensänre, Leuchtgas, Kupfer, Quecksilber, Phosphor, Zink,schweflige Säure. Nicht zu unterschätzen sind die hohen Tempe-