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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Wohnungshyqieine.

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thatsächlich chicen Oberkleidung. Da aber die meisten Menschennicht so gewachsen sind, um die Details ihres Körperbaues zuzeigen, so kamen die Wadenstrümpfe und die Kniehosen nicht in Auf-nahme, höchstens daß im Sommer in einem vergessenen bayerischenGebirgsorte ein nordischer Bankier sich selbst zur Qual und seinerUmgebung zur stillen und lauten Freude knieuackt herumlief, bisSonuenbrand uud Insektenstiche auch ihn bekehrten. Auch dieVersuche, die Frauenkleidung zu reformieren', sind völlig fehl-geschlagen. Das schöne Geschlecht folgt nach wie vor der all-mächtigen Mode und diese ist bekanntlich Vernunftgründen un-zugänglich.

Wenn wir zu einer weiteren wichtigen Frage übergehen, zurWohnungshygieine, so haben wir gleichzeitig die Ventilations-nnd Beheizungstechnik zu beschreiben, wie sie sich im letztenJahrhundert entwickelt hat. Zuerst ist die Beschaffenheit des Bodenszu studieren, deuu derselbe muß für Luft und Wasser durchgängigsein uud der höchste Grundwasserstand darf nicht die Keller-sohle erreichen, wenn nicht das ganze Hans feucht werden soll:auch die Verunreinigung des Bodens mit organischen Stoffenkommt hier in Frage, weshalb zu einer gesunden Wohnung aucheine gute Kanalisation gehört. Der erste, welcher einen Zu-sammenhang des Typhns mit dem Grundwasser nachwies, warBuhl, der durch eine zehnjährige Beobachtung den Satz aufstellenkonnte, daß die Typhusfrequenz mit dem Sinken des Grundwassersdeutlich in die Höhe geht. Die gleichen Resultate gaben die inParis, Wien und Pest vorgenommenen Untersuchungen, so daß diemoderne Hygieine den Aussprnch thun konnte, daß trockene JahreTyphusjahre sind. Die Gegner dieser Anschauung, die Trink-wassertheoretiker, die gleichfalls eine Reihe von Thatsachen für ihreMeinung beibringen konnten, wurden durch die Forschungen derPettenkoserschnle zum großeu Teile wenigstens überzeugt. DenZusammenhang zwischen Gruudwasser und Cholera hat man ebensonachweisen können. Die Untersuchung des Bodens ist eine mecha-nische und eine physikalische, daran schließt sich die chemische undmikroskopische, sowie die Untersuchung der Bodeuluft. Man be-nützt dazu die verschiedensten Methoden von Lissauer, Dietrich,

Müller, Organ. Naturw. . 15