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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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422 VIII. Innere Medizin und deren Hilfswissenschaften.

Person des Wasserfanatikers und am Orte selbst ständig gegebenwar, wirkte mächtig und schließlich wurden die Behörden auf dieueue Methode aufmerksam. Mau schickte Ärzte von allen Seitennach Gräfeuberg, viele kamen freiwillig uud sahen bald ein, daßin der Methode ein guter Keru steckte. So entstanden allenthalben,etwa vom Jahre 1838 ab, in Deutschland ärztlich geleitete Wasser-heilanstalten, von denen viele noch heute in Blüte stehen. An-fänglich wurde iu denselben genau uach Prießnitz Rezeptenkariert, aber wie der Meister gegen das Ende seines Lebens, durchtraurige Ersahrungen gewitzigt, vorsichtig geworden war und nichtjeden Patienten aufnahm, anch nicht mehr Wahl- nnd ziellos uurkaltes Wasser gebrauchte, so entstanden Modifikationen des Ver-fahrens, nicht mir in der Wasseranwendnug, sondern auch iu derDiät. Die Zeiten, in denen die Kurgäste mit Milch und ab-gekochten Pflaumen gefüttert wurden, dauerten nicht lange. Mitder Zunahme des allgemeinen Luxus verlaugte man auch in denhydropathischen Sanatorien mehr Komfort uud bessere Kost; dadurchhatte man die Reinheit des Experiments getrübt und die Anstalten,die eine Zeit lang Kaltwasserheilanstalten hießen, nannten sichspäter Wasserheilanstalten, dann wurden daraus Heilanstaltenfür chrouifche Kranke und schließlich Sanatorien für Nervenkranke.Nur wenige blieben dem alten Prinzip treu; wo irgend ein neuesHeilmittel auftauchte, wurde es dem Heilschatz der Wafseraustalteneinverleibt: die Elektrotherapie, die Massage, Gymnastik, schließlichfogar das Suggestiousverfahren nnd die Lichttherapie. Dnrchdiese langsam sich vollziehende, aber unaufhaltsame Veränderung,durch die der ursprüngliche Charakter der Anstalten ganz verändertworden war, verlor auch die Hydrotherapie, trotz der glänzendenArbeiten von Winternitz und seiner Schule, au Popularität, bissie neuerdings von dem Pfarrer Kneipp wieder entdeckt, d. h. insVolkstümliche übersetzt wurde. Doch wir sind der Zeit voraus-geeilt und müssen wieder auf Prießnitz zurückkommen.

Der Ruhm, den der einfache Bauer mit seinen Kuren erntete,nnd das Geld, das ihm reichlich zuströmte, ließen einen seinerNachbarn nicht schlafen, den Banern Schrott) in Lindewiese .Kurierte Prießnitz mit Wasser, so entzog Schrott) dasselbe uud