Druckschrift 
Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
Entstehung
Seite
424
Einzelbild herunterladen
 
  

424 VIII. Innere Medizin und deren Hilfswissenschaften.

Wasserkur experimentierte Genth, quantitative Versuche über dieKohlensäureausscheidung machte Mosler, die Gynäkologen, Kinder-ärzte und Dermatologen bemächtigten sich des Heilmittels, kurzum,wenu auch auf einer Seite die Hydrotherapie noch vielfach vonPfuschern ausgeübt wurde, auf der anderen hatte sie sich dieKliuik erkämpft.

Nachdem man einmal eingesehen hatte, daß bei den fieber-haften Krankheiten gerade in der Höhe des Fiebers und in derlangen Dauer desselben die Gefahr für das Leben gegeben ist, ver-öffentlichte 1861 E. Brand in Stettin sein Wasserheilverfahrenbeim TyPhuS, das in Bädern mit 1020" C. und Umschlägenbestand. Mit diesem Buche wandte sich die allgemeine Aufmerk-samkeit der Brand sehen Methode zu und die Behandlung desTyphus mit antipyretischen Mitteln wurde immer seltener. Wasman unter Wasserbehandlung des Typhus zu verstehen hat, sagtBrand mit folgenden Worten: Die Wärmeentziehung vermittelstdes kalten Wafsers durch den ganzen Verlauf der Krankheit beiTag und bei Nacht, vom Anfang bis zum Ende durchzuführen, zudem Zwecke, die Körpertemperatur immerfort auf einer mittlerenTageshöhe und den Organismus nahezu in normalem Verhältnisfungierend zu erhalten.

Die Versuche von Brand wurden von Bartels in Kiel undvon Juergensen in Tübingen sortgesetzt, nnd es wurde bestimmt,daß so oft zu baden ist, als die Temperatur eine gewisse Höheüberschritten hat; manchmal muß man wärmere Bäder geben, weildie Kälte von einzelnen Kranken nicht vertragen wird; von Vorteilsind auch die von Ziemssen eingesührten, allmählich abgekühltenBäder, bei denen man mit 35° C. beginnt und durch Zuschüttenvon kaltem Wasser die Temperatur auf 22° C., eventuell nochtiefer erniedrigt. Man muß sich von vornherein sagen, daß mitwenigen Bädern gar nichts zu erreichen ist und daß nur in derkonsequent durchgeführten Badebehandlung auch der Erfolg be-gründet ist. Es giebt Fälle, in denen mehr als 200 Bäder ge-braucht werden mußten. Man hat nicht überall mit gleichemEnthusiasmus die Brandsche Methode begrüßt, sie vielleicht auchnicht überall mit gleicher Ausdauer zur Anwendung gebracht, aber