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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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426 VIII. Innere Medizin und deren Hilfswissenschaften.

ein ganz vorzügliches Schmerzlinderungsmittel. Auch bei denchronischen Hantkrankheiten hat man die frühere Sehen vor demWasser langsam verloren. Bei den Gehirn- und Nervenkrankheitenfeierte die Hydrotherapie ungeahnte Triumphe; namentlich in derBehandlung der Neurasthenie, jener die meisteu der Kopfarbeitertreffenden Modekraukheit, die in jüngster Zeit auch auf die körperlicharbeitende Klasse übergreift, kann mau das Wasser iu seinen ver-schiedenen Auwendnngsformen nicht mehr entbehren, wie die Frequenzder Kaltwasserheilanstalten zeigt.

Daß man auch bei chronischen Rückenmarkskrankheiten hydro-patisch vorzugehen gelernt hat, ist ein Verdienst Erbs, der jederzeitdafür eingetreten ist. Selbst in den Irrenanstalten hat man dasWasserheilverfahren zu Rate gezogen und meist, d. h. bei richtigerAuswahl der geeigneten Fälle mit gntem Resultate. Unter denchronischen Krankheiten stehen auf dem Heilplau der Hydrotherapiedie Herz- und Lungen-Affektionen, Gicht, Rheumatismus , Skro-phulose und Syphilis. Es würde zu weit führen, wenn wir hierins Detail eingehen wollten, ebenso wie man die Bleichsncht mitkaltem Wasser bekämpft. Wir wollen nunmehr zu den Forschernin der Wasserheilkunde zurückkehren.

Eine höchst interessante Anwenduugsweise sind die Chapmann-Zchläuche. Chapmann gründete seine Lehre auf den von ClaudeBernard aufgestellten Satz, daß Lähmung der sympathischenNerven Erweiterung der von ihnen besorgten Gesäße, folglichperiphere Hyperämie uud dieser entsprechende Wärmesteigerungnach sich ziehe, während Reizung der sympathischen Ganglien Ge-fäßkontraktion uud damit Auämie uud Erniedrigung der Temperaturbewirkt und legte dementsprechend Schläuche auf bestimmte Stelleudes Rückgrates, die mit heißem Wasser oder mit Eis gefüllt waren.Damit konnte er die lokale Cirkulation erhöhen oder erniedrigenuud bei Nerven- und Nückenmarksleiden gnte Wirkungen erzieleu.(1863). Das Verfahren, welches seinerzeit großes und berechtigtesAufsehen erregte, wurde leider bald wieder vergessen und wirduur in wenigen Anstalten mehr geübt.

Einer der ersten, welche sich mit der physiologischen Be-gründung der Hydrotherapie beschäftigte, war Pleuiger, der schon