Arzneimittellehre. 455
Was in diesen Universitätslaboratorien wissenschaftlich geleistetwird, kommt in den Doktorarbeiten der Schüler zu Tage, anwelche ein sehr strenger Maßstab angelegt wird. — Bekannt sindnoch die Lehrbücher von Cloetta, von Roßbach-Nothnagel,Krahmer, Husemann, Oesterlen, wozu noch die „Vorlesungenü b e r P h a r m a k 0 l 0 g i e" von B i n z kommen. Das frühere „Ion r n a lfür Pharmakodynamik, Toxikologie und Therapie", welchesvon Reil uud Krahmer redigiert wurde, wurde von 1373 abdurch das „Archiv für experimentelle Pathologie undPharmakologie" (Klebs, Naunyn und Schmiedeberg) ab-gelöst. Die neueren Arzneimittel werden in den „Therapeu-tischen Monatsheften" beschrieben, in deren Redaktion nebenLiebreich und Langgard seit 1877 Siegfried Nabow eingetretenist, welcher früher Psychiater war uud 1889 den Lehrstuhl fürArzneimittellehre in Lausanne übernommen hat.
Was der Arzneimittellehre die große Bedeutung, die sie alsLehrgegenstand hat, verlieh, ist das Experiment am Tiere unddie Verbindung mit der chemischen Forschung, die aber ihrerseitswieder den Fehler angebahnt hat, in welchen die Pharmakopoein den letzten Decennien verfallen ist, nämlich zu viel der Medi-kamente zu bieten und dadurch deu Heilwert der einzelnen herab-zusetzen. Es ist deshalb zu begrüßen, daß die 1872 erschienene?I^rnmlvoxokg, Kermaniog, nur die erprobten Mittel aufgenommenhat nnd diesem Beispiele folgten auch die kleineren „Arznei-verordnungen", von welchen jene von Rabow wohl die ammeisten verbreitete ist und über 30 Auflagen erlebt hat. — DieOrgauotherapie, oder die Methode, den Extrakt oder die frischeSubstanz derjenigen Tierorgane dem menschlichen Körper ein-zuverleiben, welche bei diesem erkrankt sind, also das Ovarin beiKrankheiten der Eierstöcke, aber auch bei der Osteomalacie, dasCerebrin bei Gehirnaffektivnen, die getrocknete Lebersubstanz, diegetrocknete Milz und Niere bei den entsprechenden Veränderungender menschlichen Organe, hat von manchen Seiten begeisterte Auf-nahme gefunden, ist aber im allgemeinen nicht anerkannt worden.Jedenfalls urteilt der Historiker sehr milde, wenn er behauptet,daß die Angelegenheit noch nicht spruchreif ist. Von einem gewissen