488 IX. Geburtshilfe, Frauen- und Kinderkrankheiten.
Michaelis die Chlvrwaschungen in seiner Klinik eingeführt hatte,kam nur noch ein einziger Fall vor. Obwohl auch Skoda fürSemmelweis eintrat^ ließ derselbe sich in der Öffentlichkeit nichtvernehmen, bis er endlich 1850 sein Stillschweigen brach und am15. Mai in der Gesellschaft der Ärzte zu Wieu die Ähnlichkeitdes Puerperalfiebers mit der Pyämie nachwies und zeigte, daß vonepidemischen Einflüssen keine Rede war.
Da es Semmelweis trotz aller Anerkennung in Wien nichtgelingen wollte, dortselbst festen Fuß zu fassen, ging er im Mai1851 nach Pest, war dort Primararzt an der geburtshilflichenAbteilung des St. Rochusspitals nud wurde 1855 Professor dertheoretischen und praktischen Geburtshilfe an der ungarischen Uni-versität. In 6 Jahren verlor er nur 0,85 an Puerperalfieber,eine bis dahin unerhörte niedrige Zahl. Auffallend ift, daß sichtrotz seiner augenscheinlichen Erfolge die Pariser Fakultät zweimal(1851 und 1858) gegen ihn erklärte. Endlich im Jahre 1860 er-schien das Hauptwerk in deutscher Sprache, welches die ungarischveröffentlichten kleineren Abhandlungen zusammenfassend unter demTitel: „Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxisdes Kindbettfiebers" in die Welt ging. Während auf derNatnrsorscher-Versammlung vom Jahre 1861 zu Speyer nurLauge-Heidelberg für Semmelweis eintrat, verhielten sich dieübrigen Geburtshelfer und Virchow ablehnend. Die mangelndeAnerkennung verbitterten das Leben des genialen Mannes, so daßer in offenen Briefen seinem Grolle Lust machte. Er vollführtedie erste Ovariotomie iu Ungarn (1863) mit gutem Erfolge, wurdein seiner Heimat sehr geehrt, aber das Ausland verhielt sich nochimmer zum großen Teile passiv, so daß der Kämpfe kein Endemehr war. Dieses alles und eine unglückliche Anlage verdüstertendas Gemüt des Wohlthäters der Menschheit und seine Reizbarkeitnahm in so bedenklicher Weise zu, daß er 1865 in die Heilanstaltvon Ober-Döbling gebracht werden mußte, wo er im Alter von47 Jahren am 14. August 1865 starb und zwar durch eine eigen-artige Fügung des Schicksals durch eine Pyämie, die von einerOperationsverletznng am Finger ausgegangen war. Die Anerkennungkam erst nach dem Tode; er war, wie sein Freund MarkusovSkv