Jgnaz PH. Semmelweis,
487
1844 vollendete. 1846 wurde Semmelweis Assistent ans derersten Gebärklinik des allgemeinen Wiener Krankenhauses, in welcherdie Mortalität der Entbindenden vom Jahr 1822 — 1846, von1,25°/g bis auf 9,92°/g gestiegen war und damit eine erschreckendeHöhe erreicht hatte. Es ist klar, daß eine sv mörderische Krankheit,welche nach der Statistik in stetiger Znnahme begriffen war, dieAufmerksamkeit eines denkenden Arztes auf sich ziehen mußte,nmsomehr, als auf der ersten Abteilung, auf welcher Studenten,die mit Leichen umgingen, unterrichtet wurdeu, die Mortalitätszahleuimmer mehr in die Höhe gingen, während sie auf der zweitenAbteilung, die ausschließlich dem Hebammen-Unterricht diente,langsam heruntergingen. — Solange beide Abteiluugen deu Studentenoffen standen, waren die Ziffern ungefähr gleich hoch gewesen. —Am 13. März 1847 starb der Professor der Staatsarznei-knnde Jakob Kolletschka au deu Folgen einer allgemeinenPyämie, die er sich dnrch eine Infektion mit Leichengift zugezogenhatte. Da er aber dieselben Symptome zeigte (aknte äußere Ver-letzung, Lymphaugitis, Phlebitis, Pleuritis, Peritonitis, Meningitis)wie die Wöchnerinueu, so betrachtete Semmelweis das Puerperal-sieber als eine Pyämie, welche durch Übertragung von Leichengiftauf die Junenfläche des Uterus entstünde und durch die au denanatomischen Instituten beschäftigten Studenten vermittelt würde.Semmelweis bezeichnete daher das Ende des Monates Mai1847 als den Zeitpunkt seiner Entdeckung uud verlangte, daß dieStndenten, bevor sie zu den Untersuchungen der Wöchueriunenzugelassen wurden, ihre Hände mit Chlorkalk desinfizieren mußten.Als daraufhin die Sterblichkeit von 10 "/g auf 3°/g herunterging,aber doch nicht ganz getilgt werden konnte, sah Semmelweis ein,daß nicht nur das Leichengift, sondern jeder zersetzte Stoff infektiöswirken kann, uud daraus kam die Forderung, daß anch die Instru-mente uud das Verbandmaterial gereinigt werden müssen nnd daßman die kranken Frauen von den gesunden zu trennen habe. —Der erste, welcher sich der neuen Entdeckung mit großer Wärmeannahm, war Hebra in Wien und im Auslande G. A. Michaelisiu Kiel, dessen Anstalt im Juli 1847 wegen zahlreicher Er-krankungen an Puerperalfieber geschlossen werden mußte. Als