486 IX. Geburtshilfe, Frauen- uud Kinderkrankheiten.
der Geburt beschäftigte die Leuchteil der Wissenschaft und so konntenEinblicke in die Physiologie gewonnen werden, welche die Lehrender Wiener Schule vom Zuwarteu gegenüber dem übermäßig raschenund häufigen Eingreifen der französischen Schule rechtfertigten.Die Lehre von der Schambeiufugentrennung krystallisierte sichheraus aus einem Mischmasch tollkühnen Vorgehens und falscherIndikationsstellung, die künstliche Frühgeburt kam zu ihrem Rechteuud verdrängte zum Teil wenigstens die Perforation des lebenden,^inde5, wie auch andererseits die Wendung des falsch liegeudeuKindes zu hoher Vollkommenheit gebracht wnrde. Daneben ließenes sich die Geburtshelfer vielfach augelegen sein, die Frauen-<^Frauenzimmer-)Kraickheiteu zu studieren und aus deren Kenntniswieder Vorteile für den Geburtsakt zu gewinnen und auch dieKinderkrankheiten wurden namentlich in England mit großem Eiferund Glück erforscht. Pulsierte auch überall frisches Lebeu, wurde»auch iu deu meisten Kulturstaaten große uud prächtige Institutefür die Entbindenden erbaut und die Ausbildung der Hebammenmit großer Sorgfalt betrieben, so mußte es doch auffallen, daßder rein physiologische Vorgang des Gebärens so viele Opfer for-derte, eine Thatsache , deren Grnud die Wisseitschaft trotz allesNachdenkens und Experimentierens nicht fand und gegen die siemachtlos war. In manchen Gebäranstalten war das Entbindengeradezu ein lebensgefährlicher Vorgang, so daß die Frauen- unddie Ärztewelt aufatmen konnte, als es dem genialen Semmelweisgelungen war, die Ursache des Kindbettsiebers nachzuweisen unddie Zahl der Erkrankungen in einer bis zn seiner Zeit ungeahntenWeise heruuterzudrückeu. Mit Semmelweis beginnt eine neueÄra, ähnlich wie mit der Einführung der Antiseptik die Chirurgieplötzlich in die Höhe gehoben wurde; gerade deshalb, weil dieMitwelt dem großen Forscher die Anerkeuuuug versagte, ist esPflicht der Geschichte, dem Wohlthäter der Menschheit ein Denkmalzu setzen.
Jgnaz Philipp Semmelweis wnrde am 17. November 1818iit !)sen geboren uud widmete sich anfänglich der Jurisprudenz:später aber zog ihn der Ruf der durch Skoda und Rokitanskybcgründeteu Wiener Schule zum Studium der Mediziu, das er