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IX. Geburtshilfe, Frauen- und Kinderkrankheiten.
gemacht, daß auch durch mehrere Stunden langes Kochen dieSporen nicht getötet werden und daß die Veränderungen, welchebei langem Kochen die Eiweißkvrper erfahren, an dem Auftreteneiner Art von Skrophulose der Säuglinge, der sogenanntenBarlowschen Krankheit schnld sind. Flügge hat deshalb eineneinfachen Apparat angegeben, den sich auch die ärmerenFamilien verschaffen können und in welchem die Milch nur10 Minuten gekocht wird; dagegen darf nach seinem Verfahren dieMilch nicht mehr für den ganzen Tag im voraus bereitet werden,sondern man muß mehrmals im Tage die Prozedur des Kochensvornehmen. Heubner ging noch einen Schritt weiter und legtedas Hauptgewicht auf die „Asepsis" bei der Milchgewinnung undbeim Milch-Transport. Er verlangt, daß die Ställe lustig sind undreinlich gehalten werden, verbietet das Grünfutter, in welchem sichviele Keime finden, postuliert das Abwäschen der Euter vor demMelken und gründliche Reinigung der Hände der Melker und der.Gefäße, in denen die Milch aufbewahrt wird; unter diesen Um-ständen sei nur eine kurze Sterilisation nötig, welche ans dieZusammensetzung der Milch keinen wesentlichen Einfluß auszuübenim stände ist. Schließlich sei noch daran erinnert, das Escherichein großes Gewicht auf die richtige Verdünnung der gereichtenMilch legt und in seiner volumetrischen Methode Alter, wie Gewichtund Größe des Kindes genau berücksichtigt. Es ist aber auch danicht möglich, in idealer Weise vorzugehen, wenn nicht der Arztjeden Säugling täglich aufs peinlichste kontrollieren würde, wozuvon Seiten der Eltern keineswegs die Luft besteht. Mau mußuur daran denken, daß es noch gar nicht lange her ist, daß manein so großes Gewicht auf die Abtötung der Keime in der Milchlegt und daß die neue Lehre noch nicht in das Blut des Volkesübergegangen ist. Die zahlreichen Kindermehle, welche die rastlosthätige Industrie in den Handel bringt, und täglich vermehrt,haben lange nicht den Wert, den ihnen eine ärztlich nicht kon-trollierte Reklame beimißt. Sie haben den Vorzug leichter Be-reitungsweise und größerer Haltbarkeit, können anch leicht sterilgehalten werden, sind jedoch in den ersten Lebensmonaten schwerverdaulich, wirken nicht selten verstopfend und geben damit Ver-