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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Die Neurasthenie.

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Bis in die 50 er Jahre hinein liest man nirgends etwas von reinneurologischen Arbeiten, man müßte höchstens die Werke überSpinalirritation ausnehmen, unter denen das von Stillingan erster Stelle steht. Aber die Studien der Psychiater, namentlichauf Pathologisch-anatomischem Gebiete kamen auch der NeurologieZu gute und langsam zweigte sich die neue Disciplin von derJrrenheilkunde ab. Wir unterscheiden organische und funktio-nelle Krankheiten; unter den letzteren ist die Neurasthenie diewichtigste, weil dieselbe nicht nur Modekrankheit, wenn man sosagen darf, geworden ist, sondern auch die Arbeitsfähigkeit und denLebensgenuß von Tausenden und aber Tausenden in Frage stellt.Möge zuerst erörtert werden, wie sich die Kenntnis dieser Neuroselangsam Bahn gebrochen hat und zu welchen Resultaten dieWissenschaft bis heute gekommen ist. Vielfach finden wir in denSchilderungen der Autoren des 18. Jahrhunderts und der erstenHälfte des IS. Jahrhunderts Andeutungen dafür, daß diesen dieNervosität, wenu auch unklar, bekannt war. Daran erinnert, wieoben schon gesagt, der Ausdruck Spinalirritation und die srauzösischeDiagnose: vapenrs. 1851 gebrauchte Sandras zum erstenMale den Ausdruck 6 tat nerveux, den später Bouchut durchden Namen nervosisms ersetzte. Es schließen sich eine Reihenon Arbeiten, besonders der französischen Schule, au, welche aberalle im gleichen Fahrwasser lausen und die Erkenntnis nichtwesentlich mehren, nur in Wuuderlichs Handbuch der Pathologieund Therapie begegnen wir Stellen, die von ansgezeichneter Beob-achtung der vorliegenden Krankheit ein Zeugnis ablegen.

1860 erschien das Buch Vouchuts: Du noivosi8iiie aiZueou Llironiciuiz et cles malaclieZ nsi'vsusss, mit welchem miteinem Male Helles Licht verbreitet wnrde. Bouchut schildert unterdem Namen ^'ervvsisms eine Reihe abnormaler Lebenserscheinungen,die man in der Regel noch nicht als eigentliche Krankheiten, sondernblos als krankhafte Zustände ansieht und die man bisher zurHypochondrie, Hysterie oder zu den Psychosen gerechnet oder auchals Symptome bestimmter Organkrankheiten angesehen hatte, ohneindessen dazu auch nur die geringste Berechtigung zu haben. Erhielt deu uorvvsisrriö für eine Krankheit 5ui Aeneri8, die nicht auf

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